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Interview mit Intakt Records

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Man muss der Realität ins Auge blicken: Reich wird man als Label-Gründer heutzutage nicht. Im Gegenteil. In Anbetracht der angespannten Lage im Musikbusiness, müssen Labels ihren Kurs den Veränderungen anpassen, um ihre Existenz zu sichern. Doch wie schafft man das, ohne sich zum Sklaven der Marktes zu machen? Wir haben ein kleines Label under die Lupe genommen, das auf 30 Jahre Schaffensgeschichte zurückblickt. Intakt Records hat sich auf Jazz-Musik spezialisiert. Entgegen der allgemeinen Schnelllebigkeit und Profitjagd, wird hier auf Kontinuität und Qualität gesetzt. Wir haben mit Patrik Landolt, dem Gründungsmitglied von Intakt Records, gesprochen und ihn gefragt, worauf es bei der Label-Arbeit ankommt.

Das Label Intakt feiert dieses Jahr seinen 30-ten Geburtstag. Welche Hochs und Tiefs sind euch besonders in Erinnerung geblieben?

Fast immer, wenn eine neue CD aus der Fabrikation kommt und wir die ersten Exemplare in der Hand haben, ist es für uns von Intakt Records ein Hoch. Wir produzieren ja im Team –bei Intakt arbeiten Anja Illmaier, Georg Bauer, Jonas Schoder, Gabrielle Favre, Patrik Landolt –und jede CD ist das Resultat gemeinsamer Arbeit. Jede CD zeigt erneut, dass etwas entstanden ist, das vorher nicht da war. Sie ist das Resultat eines langen Prozesses der MusikerInnen, oft ein Teil ihrer Biografie oder ein wichtiger Teil ihres Lebens. Aber auch die Arbeit der Produzenten, der Tonmeister, der Designer und des ganzen Labels ist zu etwas geronnen, das nun vorliegt, das immer wieder von neuem gehört werden kann. So entsteht Kunst und wird Teil einer neuen, spannenden, kreativen Welt.

Die Tiefs haben meistens mit Geld zu tun. Denn der Mangel an Geld beeinträchtigt seit Beginn unsere Arbeit und unsere Existenz. Der Markt trägt neue, experimentelle Kultur nicht. Und der Markt tendiert dazu, totalitär zu werden. Wer sich zum Beispiel dem Preisdiktat von Amazon oder iTunes nicht beugt, ist chancenlos. Die öffentliche Kulturförderung reagiert leider nicht angemessen, oder nur sehr verlangsamt auf die heute veränderte Produktionslage. Immer noch werden die etablierten Kulturformen und die Pflege der Tradition mit Hunderten von Millionen gefördert, und für die Entwicklung des Neuen, des Zeitgemäßen gibt es viel zu wenig Unterstützung. Die gesamte Verlagswelt im Bereich der CD, aber auch im Bereich des Buches, wankt und ist gefährdet.

Patrik, du hast Intakt 1984 gegründet und warst damals als Kulturedakteur tätig. Es war eine Herzensangelegenheit, die sich erstmal finanziell nicht auszahlte. Wie sieht es heute aus?

Der Begriff „auszahlen“ trifft nicht zu. Kunst, die sich alleine auf den Verkauf ausrichtet, ist (meistens) wertlos. Die Tätigkeit eines Verlags wie Intakt Records, der neue, minoritäre Ausdrucksformen fördert, entwickelt, produziert und vertreibt, ist Kulturförderung, Innovation, Forschung –natürlich eine Tätigkeit mit Herzblut. Ich verstehe unsere Arbeit als eine Gegenposition zur alles durchdringenden Marktlogik. Dass wir von unserer Arbeit auf einem so teuren Pflaster wie Zürich leben wollen, macht es kompliziert. Wir müssen uns einiges einfallen lassen, damit wir die anfallenden Kosten, die Miete und unsere Löhne zahlen können. Aber in dieser Hinsicht stehen wir nicht alleine da. Viele Menschen, wie viele unserer Musiker, kämpfen täglich um ihre Existenz!

Welche Überlebensstrategien habt ihr als kleines Label in den Jahren entwickelt?

Qualität ist das Wichtigste. Die Musikerinnen und Musiker stehen im Mittelpunkt. Sie kreieren die gute Musik. Ihre Entwicklung steht im Mittelpunkt. Ich bin überzeugt, dass unsere Passion für diese Musik sich auf unseren Katalog abfärbt. Geschäftlich arbeiten wir kontinuierlich an einer Ausweitung unseres Vertriebsnetzes, sowohl des physischen als auch des digitalen Netzes. Dies ist heute oft eine Sisyphus-Arbeit. Wir verkaufen kontinuierlich mehr CDs, viele Tausend HörerInnen kommen via Download in Berührung mit unserer Musik, die Einnahmen bewegen sich nur langsam nach oben. Grund sind die fallenden CD-Preise –auch die viel zu tiefen Preise bei den digitalen Verkäufen –und der Wechselkurs des Schweizer Frankens. Ein weiteres sehr wichtiges Standbein für unsere Existenz sind unsere Abonnentinnen und Abonnenten. Mehrere Hundert Musikinteressierte haben die Intakt-Serie abonniert und beziehen sechs CDs im Jahr im Abo zu einem guten Preis. Dann suchen wir mit wachsendem Aufwand das Gespräch mit Kulturförderinstitutionen, um finanzielle Hilfe für unsere Produktionen zu finden.

Ihr setzt auf langjährige Zusammenarbeit mit Künstlern. Welche Vorteile bringt eine solche Kontinuität für beide Seiten? Gibt es Nachteile?

Der Wert einer einzelnen CD steht immer im Werkzusammenhang eines Künstlers, sogar im Kontext einer Szene, einer Zeit. Es ist die künstlerische Biografie der Musikerin/des Musikers, mit deren Werken, die uns interessiert.

Wie hat sich Jazz‐Musik in den letzten 30 Jahren verändert? Welche Zukunftsprognosen würdet ihr stellen?

Wir leben in der Zeit der grossen Ausdifferenzierung und der damit verbundenen Unübersichtlichkeit. Konnte man –in der Tendenz –über viele Jahre von dominierenden Stils, die die aktuelle Jazzentwicklung repräsentierten, sprechen, lebt die heutige Jazzszene von einer Gleichzeitigkeit und Vielzahl aktueller Stile und Strömungen. Es ist erfreulich: Es gibt immer mehr Gruppen und bestens ausgebildete Musiker, ein Wirrwarr von jazzorientierten Stilen und Entwicklungen und eine unüberschaubare Anzahl von CD-Produktionen. Aber: Die grossen multinationalen CD-Labels mit internationalen Niederlassungen und internationalen Vertriebsstrukturen haben sich von der Produktion des aktuellen Jazz weitgehend verabschiedet. Die Publikation des heutigen kreativen Jazz wird von einigen gut organisierten Independents sowie einer ziemlich grossen Zahl kleiner und kleinster Labels geleistet –alle mit beschränkten finanziellen Mitteln. Und: Jeder Musiker, jede Musikerin kann heute die neuste Aufnahme selber digital zugänglich machen. Die heutige Musikproduktion- und Veröffentlichung ist ein immenses Universum: vielfältig, reichhaltig –undurchschaubar. In dieser Situation ist es für die MusikerInnen und die CD-Labels wichtiger denn je, mit einem langen Atem und mit grossem Weitblick zu arbeiten. Der Wert der Arbeit, die Bedeutung der einzelnen Produktion, zeigt sich oft erst nach vielen Jahren Arbeit, und verstärkt im Werkzusammenhang. Musiker, Labels, Agenturen sollten sich deshalb zu Partnerschaften zusammenschliessen, um gemeinsam weitsichtige Perspektiven zu entwickeln, um in diesem Wirrwarr zu bestehen.

Als ein auf Jazz‐Musik spezialisiertes Label füllt ihr eine bestimmte Nische. Diese Spezialisierung hat es euch ermöglicht einen hohen Qualitätsstandard zu erreichen und aufrecht zu erhalten, der euch internationale Anerkennung eingebracht hat. Welche Rolle spielt dabei das Genre? Würde das mit anderen Musikstilen auch funktionieren?

Ja, sicher im Bereich der neuen zeitgenössischen Musik oder des experimentellen Rocks, oder für Labels mit Worldmusic, Folkmusic. Aber für jene Labels und kommerzielle Musiken, die ausschliesslich den Markterfolg suchen, herrschen die Gesetze des Marktes.

Was meint ihr: Wird der digitale Download die physische CD aus dem Rennen werfen?

Nein. Verschiedene Tonträger bestehen bestens nebeneinander. Vinyl, Kassette, CD, verschiedene Formate digitalen Downloads. Wie und wann sich die Relationen verschieben werden, ist schwer zu prognostizieren.

Was muss ein Musiker mitbringen, um bei euch unter Vertrag zu kommen?

Höchste musikalische Qualität, wacher Zeitgeist, eine Besessenheit für die Musik.

Ein Rat, den ihr heutigen Label‐Gründern mit auf den Weg geben würdet?

Es gibt ein paar gute Bonmots, die über all die Jahre, während denen man ein Label macht, nicht an Sinn und Bedeutung verlieren. So sagte Hanns Eisler, der Komponist und Freund von Bert Brecht: „Wer nur von Musik was versteht, versteht auch davon nichts“. Das ist sehr klug und hilfreich! Oder von Arnold Schönberg gibt es den wunderbaren Satz: „Kunst kommt nicht von Können, sondern von Müssen“. Jetzt sind wir wieder am Anfang Ihrer Fragen, beim Thema „Herzensangelegenheit“.

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