Im Teil 1 unseres Beitrages haben wir uns die geschichtliche Entwicklung der Sampling-Technologie genauer angeschaut. Nun betrachten wir die Arbeitsweise mit Samples, beleuchten den Einfluss auf Musikgenres und beenden diesen Zweiteiler mit der Rechtslage und dem kulturellen Aspekt in Bezug auf Sampling.
Mit Samples arbeiten
Wer kreativ ist, der sampelt natürlich möglichst viel selbst und bastelt sich seine eigenen Sounds. Der Fundus dazu ist riesig: Nahezu jede Klang- und Geräuschquelle kann digitalisiert und verfremdet werden. Ein einzelnes Sample wird dazu einer Taste auf der MIDI-Tastatur (Keyboard) zugewiesen (sogenanntes "Mapping"). Der Software sampler pitcht dann, je nach Bedarf, das Sample auf die anderen Keys. Dies geschieht standardmäßig durch ein schnelleres respektive langsameres Abspielen eines Samples. Je höher ein Ton, desto schneller wird das digitalisierte Signal abgespielt. Dieser Effekt bietet ein enormes kreatives Potential, jedoch birgt dies auch klangliche Verfälschungen, die im Falle vieler Samples schrecklich klingen können. Um ein analoges Instrument oder einen Synthesizer möglichst akkurat zu samplen, empfiehlt sich der aufwändigere Einsatz von Multi-Samples, sprich: jede Tonhöhe wird separat digitalisiert, oftmals sogar in verschiedenen Anschlagstärken oder Nuancen. Man kann sich
vorstellen, wie ungeheuerlich der Aufwand schon beim Digitalisieren eines Pianos sein kann, wenn man möglichst genau den Klang des Ursprunginstruments beibehalten will..!
Nicht nur deshalb ist die Fülle an verfügbaren, aufwändig produzierten Sample-Libraries riesig geworden - die ehemaligen Produzenten von "Sampling-CD's", welche sich bis an den Millennium-Wechsel ein lukratives Geschäftsmodell aufgebaut hatten, haben sich dem neuen Markt und der Technologie angepasst und verkaufen jetzt eigene Virtuelle Instrumente oder Soundbibliotheken für etablierte Sofware-Sampler wie den Kontakt, HALion oder EXS-24. Auch in diesem Bereich hat die Omnipräsenz und Geschwindigkeit des globalen Internets für Veränderungen gesorgt, leider auch stark auf illegaler Ebene.
Sample-basierte, virtuelle Instrumente, dominieren neben den Hard- und Software-Synthesizern die Studios. Was früher vor allem durch Speicherengpässe unmöglich war, ist heute Standard-Repertoire. Ganze Orchester-Libraries sind heute keine Seltenheit mehr, und auch überaus erfolgreiche Musiker und Komponisten wie Hans Zimmer schwören – trotz Verfügbarkeit eines realen Orchesters – auf die technischen Hilfsmittel und unerschöpflichen Möglichkeiten virtueller Instrumente – nicht nur wegen derer Portabilität.
Die Range an Software-Samplern ist mittlerweile gross; zu den bekanntesten zählen u.a. Logic’s interner EXS-24, Steinberg’s HALion, MotU’s Mach Five, Native Instruments KONTAKT u.v.m. Im Bereich „Rompler“ (sample-basierte Instrumente mit beschränkten Editierfunktionen) siedeln sich Virtuelle Instrumente wie bspw. ReFX NEXUS an.
Samples und Genres
Wie bereits zuvor erwähnt, beeinflusste die Etablierung des Samplers auch zahlreiche Musikstile wie anfänglich den Hip Hop, der sich an Soundfragmenten (Loops) aus den Stilrichtungen Funk und Soul bediente. Aber auch zahlreiche andere Quellen wurden - oftmals von bekannten Acts wie Depeche Mode, Beastie Boys, Eminem, Mike Oldfield und vielen mehr - als Samples in neue eigene Kreationen eingebettet. Ein bekanntes Beispiel ist der Song "When the Levee breaks" von Led Zeppelin:
Ein phänomenales Beispiel für die Auswirkungen eines einzelnen Samples ist der berühmte Drum-Break aus der 60er-Jahre-Schallplatte "Amen Break"! Die Digitalisierung und Verwendung dieses Loops, wenn oft auch in anderer Zusammensetzung mittels "Slice-ings" (bspw. via Software "ReCycle"), führte sogar zur Entstehung eines neuen Musik-Genres, namentlich dem "BreakBeat"!
Rechtliche Lage und kultureller Aspekt
Entgegen der landläufigen Meinung gibt es keine Zulassung für das freie Sampling von Rhythmen oder Melodiebögen, die nur aus einer bestimmten Anzahl Takten oder Sekunden bestehen. Jedes Sample, welches eine fremde Aufnahme enthält, ist urheberrechtlich geschützt und gehört 100% dem Original-Künstler oder dessen Plattenfirma. Alle anderen Behauptungen sind reine Legende! Auch für kurze Samples muss eine Einwilligung der jeweiligen Besitzer eingeholt werden. Natürlich ist die Beweislage - im Falle eines sehr kurzen, perkussiven Samples wie bspw. einer Kick oder einer Snare - praktisch unmöglich, und ein Rechtsstreit würde einen lächerlichen Level erreichen.
Wie bereits erwähnt: Heutzutage ist das offizielle "Clearing" eines Samples ein Muss! Natürlich sind bekanntere Bands hierbei besser gestellt, da sie auf die Unterstützung ihrer Plattenfirma zählen können und durch ihre größere Bekanntheit sich größere Chancen einrechnen können, an ein bestimmtes Sample ranzukommen. Juristisches Fachwissen ist von Nöten und wird dringend empfohlen.
Am Schluss bleibt noch die Frage des kulturellen Aspekts: Wo wird die Grenze gezogen? War und ist Sampling in geringem Masse nicht auch ein kulturelles Erbgut, welches in den neuen Kreationen weiterlebt und auch die Weiterentwicklung von Musik oder sogar von ganzen Musikstilen beeinflussen kann respektive zuvor begünstigt hat? Basiert nicht jede Art von Musik auf etwas Bestehendem? Eure Meinung interessiert uns!