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Fokus Label: City Slang – das Erfolgsgeheimnis von Christof Ellinghaus

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Der Gründer des deutschen Labels City Slang, Christof Ellinghaus, hat eine beneidenswerte Karriere vorzuweisen. Der Executive hat es geschafft, 24 Jahre lang im Musikgeschäft zu bleiben, indem er einfach nur die Musik veröffentlicht hat, die ihm gefiel, hoffend, dass er unterwegs ein paar Platten verkauft bekäme. Zu den bekannten Namen auf der Liste des Labels gehören das US-Schwesternduo Coco Rosie, die Indie-Rock-Combo The Notwist, die Band Calexico aus Arizona und Kanadas Arcade Fire.

Nachdem er am 28.Mai auf der jährlich stattfindenden Konferenz in Barcelona mit dem ersten Primavera-Preis für einen „außergewöhnlichen Beitrag zur Entwicklung und Bereicherung der Musikszene” geehrt wurde, offenbarte Ellinghaus während eines Bühneninterviews seine Erfolgsgeheimnisse. Bekannt als Verfechter der kreativsten Kräfte in der Musikszene, die nicht unbedingt die kommerziell rentabelsten sind – wie hat er das geschafft? Und ist es heute, im Zeitalter der ständig schrumpfenden Einnahmen aus Tonträgerverkäufen, möglich das Gleiche zu erreichen? Scheinbar ja. Denn alles, was du brauchst, ist ein gutes Gehör, Geduld und etwas Geschäftsgeschick.

City Slang wurde 1990 gegründet und hat „aus demselben Grund, aus dem auch jedes andere Indie-Label auf der Welt gestartet wird” seinen Anfang genommen: um dem Verlangen nachzugeben, Musik zu veröffentlichen. Damals war Ellinghaus ein 23 Jahre alter Booker in Berlin, der in ganz Europa Konzertreisen für US-amerikanische Bands wie The Flaming Lips, Nirvana und Mudhoney organisierte. Die Flaming Lips fragten ihn, ob er ihnen dabei helfen könne, ein europäisches Label für ihr viertes Album zu finden. „Sie schickten mir eine Kassette, ich war begeistert, rief sie an und sagte, dafür würde ich auch ein Label gründen, sie willigten ein und das war's.”, erklärt er.

Bands wie Yo La Tengo und die Lemonheads hörten, dass der Jungunternehmer gerade ein Label startete – schnell verdiente er sich einen guten Ruf: er würde für US-Bands in Europa gute Arbeit leisten. Es dauerte eine Weile, bis er Geld verdiente („Du kannst dir einen kleinen Katalog aufbauen und ein kontinuierliches Einkommen schaffen, aber mit jedem zweiten neuen Release könntest du das alles schnell verlieren”, sagt er), doch dank Hole, der Band mit Courtney Love als Frontfrau, wendete sich sein Glück. Das Label veröffentlichte 1991 europaweit Pretty On The Inside, das Debütalbum von Hole, was im Vereinigten Königreich nicht unbemerkt blieb. Die Albumsingle Teenage Whore stieg in den UK-Indie-Charts auf Platz 1 ein und nach weniger als einem Jahr im Geschäft war City Slang offiziell glaubwürdig.

Lerne von deinem Gegenüber

Als junger Labelbesitzer war Ellinghaus ziemlich ahnungslos, aber glücklicherweise war er von Leuten umgeben, von denen er lernen konnte. In City Slangs Anfangszeit starteten Jonathan Poneman und Bruce Pavitt gerade mit ihrem Indie-Label Sub Pop, mit Sitz in Seattle, durch. Ellinghaus buchte in Deutschland Konzerte für Sub Pops frühe KünstlerInnen und bewunderte ihren auf Grunge ausgerichteten Markenauftritt. Heute ist er befreundet mit den Labelgründern Laurence Bell von Domino und Daniel Miller von Mute Records, mit denen er gemeinsam 'best practice' (auf dt. z.T. auch als 'Erfolgsmethode' bekannt) ausübt. „Wir gehen gemeinsam essen und versuchen es zu vermeiden, die gleichen Fehler noch einmal zu machen.“, erklärt er, „Ich denke, in vielerlei Hinsicht ist es so, dass du dir anschaust, was diese Leute tun, womit sie Erfolg haben.

Akzeptiere, dass du (vorerst) Geld verlieren könntest

City Slang ist bekannt dafür, einige der momentan extremsten Leftfield-Acts im Genre, unter Vertrag zu nehmen. Dazu gehören Lambchop mit dem in Tennessee geborenen Frontmann Kurt Wagner (Ellinghaus beschreibt sie als „14 Menschen, die versuchen, leise zu sein“) und der Pianist/Komponist Hauschka. Lambchop veröffentlichte „etwa vier oder fünf Alben“, bevor sie City Slang Geld einbrachten. Dann aber machte im Jahr 2000 ihre LP „Nixon“ eine neue UK-Fanbase auf sich aufmerksam und seitdem verkaufen sie von jeder Platte über 100,000 Exemplare. Ellinghaus sagt: „Ich denke, was diese Leute tun, ist kulturell wertvoll, also kann ich ein paar Einbußen eine Zeit lang auch hinnehmen. Natürlich wäre es ab einem gewissen Moment auch gut, wenn sie Geld einbringen, aber heutzutage, wenn du die Platten auf Spotify einfach nur zu streamen brauchst, macht man mit neuen Bands nicht mehr so viel Gewinn wie früher. Es kann dir passieren, dass du tatsächlich keine Platten verkaufst. Wir müssen eine Gesamtkalkulation für das ganze Label machen und dabei die Veröffentlichungen finden, die für die anderen Releases aufkommen.“ City Slang hat aber auch profitable Merchandise- und PR-Abteilungen, die ein wenig kreativen Freiraum im Recording-Bereich erlauben.

Du brauchst Experten vor Ort

Alle zukünftigen Labelgründer, die darüber nachdenken, ihre Heimatgefilde zu verlassen und sich anderweitige Märkte zu erschließen, brauchen unbedingt Experten vor Ort. City Slang hat Büros in London, in Paris, sowie in seiner Homebase Berlin. Mit einem Musikvertrieb zusammenzuarbeiten und zu hoffen, dass sich ein Album verkauft, reicht nicht, sagt Ellinghaus. „In Europa hat jedes Land seine eigenen nationalen Besonderheiten. Frankreich unterscheidet sich so stark von Deutschland, und Spanien ist nochmal ganz anders, genau wie auch das Vereinigte Königreich. Du brauchst wirklich jemanden in diesen Ländern, der vor Ort ist und den Markt kennt. Du brauchst Leute, die wissen, was sie tun. Musikvertriebe sind Fließband-Vereine, Serviceunternehmen. Wir sind angewiesen auf eine Herangehensweise, die vor Ort funktioniert – unser Franzose weiß genau, welchen Hebel er wann betätigen muss.“

Und schließlich: hör auf dein Bauchgefühl und sei originell

City Slangs Artists-and-Repertoire-Strategie basiert zum überwiegenden Teil auf Bauchgefühl und darauf, das Gegenteil von einem Trend, auf den die Majors gerade mal wieder aufspringen, zu veröffentlichen. „Was auch immer wir auf dem Label herausbringen – es gibt ziemlich direkt wieder, was wir mögen. In den 90ern, als Nirvana passierte, fingen die Majors an, alle und jeden unter Vertrag zu nehmen, der langes Haar und eine Gitarre hatte. Es klang wie eine verwässerte Version von dem, was wir gemacht hatten. Das hat mich dermaßen gelangweilt,“ sagt Ellinghaus.

„Veröffentliche nichts, was es schon gibt, nicht mehr und nicht weniger. Wir bekommen so viele Demoaufnahmen. Die hörst du dann und sagst dir: 'Wow, das gibt's doch schon irgendwo'. Warum sollten wir die belgische Version von Dinosaur Jr. herausbringen? Wenn du ein Label gründest, solltest du Musik veröffentlichen, die originell ist und einen eigenen Charakter hat.“

City Slang-Platten, nach denen man in Zukunft Ausschau halten sollte, sind beispielsweise Releases von dem kanadischen Komponisten Caribou, der im Sudan geborenen One-Man-Band Sinkane und Black Yaya, mit dem Frontman David Ivar von Herman Dune. Und wenn nichts von alledem funktioniert, hat Ellinghaus noch ein As im Ärmel. Seine frischeröffnete Weinbar (und sein potentielles Hobby für das Rentenalter) Cordobar in Berlin beschreibt er als „verdammt scheiße angesagt gerade“ („fucking shit hot right now“). Ein wirklicher Tastemaker – im wahrsten Sinne des Wortes.

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