von Rhian Jones
Es ist kein Geheimnis, dass die extravaganten Tage in der Musikindustrie vorbei sind. Die Budgets der Plattenlabels sind seit der goldenen Ära der 90iger Jahre stetig geschrumpft, und die MusikerInnen haben dies am meisten zu spüren bekommen. Die Lust der Labels Risiken einzugehen und den KünstlerInnen Zeit zu geben, ihren kreativen Freiraum ausspielen zu können, wird kleiner und kleiner. Darum sind jene, welche ihre Karrieren vollständig mittels eines Labels finanzieren können, nur noch sehr selten zu finden.
Sein Glück muss man jedoch nicht auf Gedeih und Verderb den Labels überlassen. Vielerlei Quellen können zur Finanzierung deiner Karriere als aufstrebender Künstler beitragen: Fans, staatliche Förderstellen, Stiftungen, Brands oder unabhängigen Organisationen. Zudem können sich IndiemusikerInnen von verschiedensten Stellen Beratung zu Themen ihrer Karriereentwicklung holen, sei es, um eine Tournee auf die Beine zu stellen, ein Album aufzunehmen oder Musik nach Übersee zu exportieren.
In Grossbritannien hat die PRS For Music Foundation seit dem Jahr 2000 mehr als £19.5 Millionen an über 4600 neue Musikprojekte ausgeschüttet. In Kanada gibt es den Canada Music Fund, der sich zum Ziel gesetzt, hat MusikerInnen und Musikunternehmen neue Möglichkeiten zu eröffnen. In den USA kümmern sich mehrheitlich private Unternehmen wie z.B. Zoo Labs um solche Aufgaben. In Deutschland hat das Music Board Berlin ein jährliches Budget von einer Million Euro, um die Musik der Stadt in aller Welt bekannt zu machen. Die Red Bull Music Academy lädt an verschiedenen Standorten Produzenten, Sänger, DJs und Instrumentalisten aus der ganzen Welt für zweiwöchige Kurse ein, bei welchen Aufnahmesessions, Vorlesungen, Kollaborationen und Auftritte auf dem Programm stehen. Ferner bemühen sich Brands wie Converse, Vans, Jack Daniel’s oder Relentless sehr darum , ihre Kredibilität und Bekanntheit zu steigern, indem sie junge Musiktalente fördern.
Was brauchst du?
Leider bedeutet diese Vielzahl an Möglichkeiten aber, dass die Konkurrenz riesig ist. Um unter den Ausgewählten zu sein, musst du nicht nur talentiert, sondern auch auf der Business-Seite sehr gut vorbereitet sein. Die britische Rockband Fearless Vampire Killers, die gerade erst ein eigenes soziales Netzwerk gestartet haben, erhielten vom Musikexportprogramm der Britischen Regierung £ 250‘000, um ihre internationale Präsenz auszubauen. Die Bandmanagerin Julie Weir sagt dazu: „Für die Jungs sind das grossartige Neuigkeiten! Wir werden das Geld für eine Tour durch Europa sowie für die Album-Promo verwenden. Ich denke, dass wir den Preis bekommen haben, weil wir einen guten und fundierten Business-Plan eingereicht haben. Der Fakt, dass die Band eine unkonventionelle Denkweise hat, kann auch nicht geschadet haben.“Einen gut durchdachten Business-Plan zu haben, den man möglichen Investoren vorlegen kann, ist absolut essenziell. Wenn du nicht genau weisst, für was du Geld ausgeben willst, wirst du auch keines bekommen. Dabei musst du dich nicht nur entscheiden, ob du Geld für neue Aufnahmen, Tourneen, Equipment oder Merchandise (oder alles zusammen) brauchst, sondern auch zeigen, dass diese Projekte das Potenzial haben, deine Karriere entsprechend anschieben zu können. Ausserdem wird erwartet, dass du selbst schon einiges an Vorarbeit geleistet hast. Die Birminghamer Band Jaws waren einer der Acts, die sich von PRS Geld sichern konnten, um ihr Debütalbum aufzunehmen und zu promoten. Anfang dieses Jahres erhielten sie darüber hinaus vom Streaming-Dienst Deezer zusätzliche £2500, aber erst nachdem sie eine Reihe von Singles veröffentlicht hatten und mehrmals durch Grossbritannien getourt waren. An der Berlin Music Week, die diesen Monat stattfand, erklärte die Direktorin von PRS For Music: „Wir erkennen, dass der Künstleraufbau die Aufgabe der Labels und den Leuten ist, die tatsächlich in der Industrie arbeiten. Wir übernehmen das Mentoring der Bands nicht. Wir wollen einfach da sein, um eine zusätzliche Form der Unterstützung bieten zu können.“
Brand power
Jack Daniel’s hat dieses Jahr seine Marketingausgaben im Musikbereich um 25% erhöht, da das Unternehmen gerne „mit Musik arbeitet, die von echten Leuten mit echten Instrumenten gemacht wird“, so der Senior Brand Manager Michael Boaler. Jack Daniel‘s hat kürzlich die junge Band CuT für eine Kampagne engagiert. Diese soll der Band helfen, ein grösseres Publikum zu erreichen, indem sie Promo auf den Social-Media-Kanälen von Jack Daniel’s erhalten, auf Werbemitteln der Marke auftreten können und im neuen Lokal Jack Rocks in London spielen können. „CuT ist eine Band, die die gleichen Werte wie Jack Daniel’s vertritt. Sie sind echt, authentisch, selbständig und die Musik, die sie machen, versprüht Integrität“, sagt Boaler. Interessanterweise erreichen Boaler Empfehlungen für neue Talente mehrheitlich durch Mund-zu-Mund-Propaganda von Managern, Promotern und Journalisten.Ein weiteres Unternehmen, das sich verpflichtet hat, neue Musik zu unterstützen, ist der U.S. Skateboard-Riese Vans. Sie versuchen, mit ihrem in London neu eröffneten House of Vans eine Plattform sowohl für bekannte wie auch unbekannte KünstlerInnen zu schaffen. Letztes Jahr hat der Energy Drink Hersteller Relentless die Artists Professor Green, Zane Lowe und Pure Love für ein Werbeprojekt eingespannt, und dabei in drei Dokumentarfilmen den jeweiligen kreativen Schaffensprozess der Beteiligten gezeigt. Sam Grant, Marketing Manager bei Relentless, sagt dazu: „Uns ist es wichtig, dass wir sowohl mit Künstler arbeiten, die jedermann bekannt sind, aber auch mit aufstrebenden Namen, denen wir helfen können, ihre Karriere aufzubauen. Wir achten dabei sehr darauf, dass dies alles Künstlern sind, die kompromisslos ihren Weg verfolgen.“
Der Amerikanische Traum
Wo Indielabels für ihre Künstler Fördermittel sichern können, haben sie zusätzlich oftmals Zugang zu Startup-Darlehen, um ihr Geschäft aufzubauen. Das Label Last Gang Records, welches 2003 in Kanada gegründet wurde und für Bands wie Death From Above 1979 oder Metric bekannt ist, hat nach der Gründung nie Fremdkapital aufnehmen müssen. Heute sind sie eines der erfolgreichsten Indielabels des Landes und haben Angestellte in Los Angeles, Toronto und London. Das Unternehmen hat über die Jahre mehrmals Zuschüsse von der Kanadischen Regierung erhalten. Kürzlich wurde ihnen $375‘000 vom Music Entrepreneurs Component zugesprochen. Schon zuvor hatten sie Unterstützung von der Foundation to Assist Canadian Talent on Records (FACTOR), MuchFACT (welche die Produktion von Musikvideos unterstützt) und The Ontario Music Fund (OMF) erhalten. Labelchef Chris Taylor sagt dazu: „Ich reise viel und würde sagen, dass Kanada die Nummer eins ist, wenn es darum geht die Musikindustrie zu unterstützen. Wir haben hier grossartige Möglichkeiten, um Finanzierung und Unterstützung zu erhalten.“Zoo Labs Mitgründerin Anna Acquistapace zufolge sind die USA leider nicht so grosszügig. In Kalifornien betreibt Zoo Labs ein Programm, die Zoo Labs Music Residency, welches KünstlerInnen Zeit und Ressourcen gibt, um neue Werke zu schaffen. Daneben bietet Zoo ein Programm an, welches Startups in der Musikindustrie auf die Sprünge helfen soll. „Die Teams kommen hierher und leben im Studio. Am Morgen besuchen sie Workshops und werden beraten. Am Nachmittag gehen sie mit einem Techniker ins Studio”, erklärt Acquistapace. „Alle Ausgaben werden übernommen. Wir sind eine Nonprofit-Organisation und bekommen unsere Gelder von privaten Spendern. Am Ende der Residency haben die Bands dank der Workshops neben neuen, qualitativ hochwertigen Aufnahmen auch einen soliden Business-Plan in der Hand.“
Dies sind nur einige Beispiele, woher man sich Unterstützung holen kann. Es lohnt sich auf jeden Fall immer, sich über die Möglichkeiten in seiner Stadt, seinem Kanton/Bundesland oder über staatliche Institutionen so umfassend wie möglich zu informieren. Nur weil traditionelle Finanzierungsquellen auszutrocknen scheinen, muss das nicht automatisch bedeuten, dass sich MusikerInnen keine nachhaltige Karriere mehr aufbauen können! Es gilt herauszufinden, an welche Stellen man gelangen kann und diese dann so gut vorbereitet wie möglich anzugehen. Ausserdem: Wer ist jemals mit auf der Stelle verharren irgendwo hingekommen?
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