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Wie du dein Live-Set strukturierst (aus Computersicht)

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Hallo und willkommen zurück beim nächsten Kapitel unseres Blogs! Beim letzten Mal haben wir die Spitze des Eisbergs „Elektronische Musik Live Spielen“ berührt, und heute wollen wir unsere Holzschiffe an ihm zerschellen lassen. Du bist hoffentlich dabei! Wie schon der Titel sagt, werden wir darüber sprechen, wie du in <strong>Abelton Live</strong> (entschuldigt Leute, wir wissen, dass es da draußen auch noch andere Plattformen gibt, aber wir können, wenn es um die nicht-lineare elektronische Live-Performance geht, keine andere Software wirklich ernst nehmen) dein Live-Set strukturierst, mit Schwerpunkt auf Controllerism. Weil das mein (Iftahs) Job ist, werde ich diesen Artikel schreiben und mein Live-Set auseinandernehmen, um dir dabei zu helfen, deins zu strukturieren. Ich gehe davon aus, dass du mit den Grundlagen der Computer-Musik vertraut bist, falls aber nicht, und falls du das hier trotzdem lesen möchtest, dann ist das Internet dein bester Freund! Denn hier findest du viele Ressourcen, die dir beim Einstieg helfen können.

Behalte die Übersicht

Mein Live-Set ist – oberflächlich betrachtet – ziemlich einfach. Ich verwende einen selbstgemachten Arduino-basierten Controller, den ich 2010 gebaut habe und zwei Monome. Den ersteren nutze ich zum Starten von Clips und die letzteren sequenzieren die Drums und schneiden hier und da etwas Audiomaterial. Unter der Haube verbirgt sich eine Menge Max for Live-Aktivität, aber die Grundlagen meines Sets sollten für alle relevant sein, die mit Hilfe eines Computers ein Live-Set spielen wollen.

Wie wir das letzte Mal schon erwähnt haben, spielen wir live improvisierte Musik. Deshalb verwende ich Live natürlich in der Session-Ansicht, weil ich auf diese Weise unendlich viele Audioclips mit unterschiedlichen Tonhöhen, Taktarten und Loop-Längen spontan zu neuer Musik kombinieren kann.

Im Live-Set gibt es 5 Audiokanäle, die sich in die folgenden Kategorien unterteilen lassen:

  • Bass wo die Basslines untergebracht sind
  • Harmonix hier befinden sich die musikalischen Fragmente, zb Läufe/Lines, Pads bzw. alles mit definierter Melodie/ Harmonie
  • Vocs für Vocals bzw. alles was mit Sprache zu tun hat
  • Disco für Perkussion und Drum-Loops
  • Debris (dt. Schutt) für alles, was sich in keine andere Kategorie einordnen ließ

Außerdem habe ich noch 3 Drum-Gruppen, die sich in Kicks, Hats und Perc (Snares, Claps, Toms und alles andere) herunterbrechen lassen.

Ich habe also insgesamt 8 Tracks. Ich würde dir aus diversen Gründen sehr empfehlen, dich um diese Zahl herum zu bewegen: Erstens sind die meisten gängigen Midi-Controller 8-spurig und wenn du live spielst, dann willst du auf gar keinen Fall zwischen den Seiten hin- und herschalten. Alles, was du vorhast zu regeln, sollte griffbereit sein. Klar, vielleicht holst du dir auch mal einen anderen Controller, aber (und das wäre der zweite Grund) das könnte zu zu viel Kontrolle führen. Gut, mein Clip Count zeigt mir für mein Live-Set derzeit 1626 Clips an, was, sagen wir, nicht wenig ist und wofür ich 10 Jahre gesammelt habe. Du brauchst am Anfang logischerweise nicht so viele, aber nachdem du dein Set wirklich gut kennengelernt hast und es nach deinen Bedürfnissen gezähmt hast, ist es großartig, wenn du viel Material hast, besonders, wenn du improvisierst.

Wie du deine Clips arrangierst, ist meiner Meinung nach Geschmackssache. Während manche sie lieber nach Tonart ordnen, ordne ich meine Clips eher nach Stil – zum Beispiel synthetischer Klang, akustischer Klang etc. Wenn du, wie ich, mit vielen Clips arbeitest, dann empfehle ich, zwischen einer Anhäufung von Clips ein paar leere Szenen stehen zu lassen, das hilft dir, den Überblick zu bewahren, wo du dich gerade befindest.

Einschränkung als kreatives Mittel

Einschränkung ist ein großartiges Mittel, weil es dich dazu zwingt, kreativ zu sein. Sagen wir, du hast ein Live-Set mit 8 Tracks, einen MIDI-Controller mit 8 Fadern in einer Reihe, 24 Reglern und noch ein paar Tasten. Du würdest sicherlich jeder Spur mehrere Effektgeräte zuordnen und noch einige mehr auf den Mastertrack legen. Sehr wahrscheinlich wirst du alle die Parameter, die du dir vorstellst, nicht fernsteuern können, denn früher oder später wirst du die Kontrolle verlieren. Du solltest entscheiden, welche die wichtigsten sind, die einzeln kontrolliert werden sollten. Der Rest sollte mit Hilfe der „Major Tom“-Technik, die sehr effektiv ist, „batchgesteuert“ sein. Ein sehr einfaches Beispiel: baue dir deinen eigenen Master-Effekt-Rack aus einem Reverb, einem Hochpass-Filter und einem Sidechain-Kompressor. Lasse deine Bassdrum den Kompressor „ducken“, weise einem Fader das Regeln der Dry/Wet-Signale des Halls, der Frequenz des Filters und des Thresholds der Kompression zu, stelle die Bereiche ein und du erhältst, wie auf Bestellung, einen sehr schönen pumpenden Schimmer, der von nur einem Fader kontrolliert wird.

Behandle deinen Controller wie ein Instrument

Du solltest viel Zeit mit dem Einstellen deines MIDI-Controllers verbringen. Experimentiere mit den verschiedenen Zuweisungen/Mappings und schau, was am besten für dich funktioniert. Wenn du das Gefühl hast, du hast etwas gefunden, dann übe! Vermeide es, deinen Controller zu beschriften, du solltest ihn auswendig kennen. Wenn du ihn beschriftest, dann wird dich das nur ablenken und deine Intuition abwürgen. Du schielst ja auch nicht immer wieder auf den Gitarrenhals, wenn du spielst, oder?

Was meiner Meinung nach ein elektronisches Instrument zu einem guten elektronischen Instrument macht, ist, wenn man die verschiedenen Parameterbereiche korrekte einstellen kann. Der Roland Jupiter 6 beispielsweise ist ein großartiger analoger polyphoner Synthesizer, aber die Filterresonanz ist absolut nicht zu gebrauchen, wenn der Fader über 4 hinausgeht. Mit Ableton Live hast du die Möglichkeit, die zugewiesenen Parameterbereiche einzustellen. Dieses Feature solltest du ausgiebig nutzen. Wenn du zum Beispiel „Simple Delay“ als Kammfiltereffekt einsetzen möchtest, dann bringt es nichts, die gesamte Abklingzeit des Delay-Effekts zu verwenden. Bestimmt willst du auch nicht, dass dein Reverb-Mix auf 100% fährt oder dass dir deine Softsynth-Hüllkurve 60-sekündige Attack-Steigerungen antut. Nimm dir Zeit und entdecke alle Sweetspots. Das ist auch eine gute Gelegenheit, die automatischen Zuweisungsfunktionen deines Controllers zu ignorieren und deine eigenen Zuordnungen vorzunehmen. Wenn möglich, vermeide es, Encoder zu verwenden. Encoder sind eine gute Sache im Studio, aber furchtbar für (die meisten) Live-Situationen. Sie sind in ihrer Reaktion auch nicht sehr musikalisch.

Dinge vereinfachen, damit die komplizierten Sachen Spaß machen

Ein weiterer sehr wichtiger Teil des Prozesses ist, herauszufinden, was du tun möchtest, wenn du dann wirklich live spielst. Weil du nur zwei Hände und ein begrenztes Aufgebot an Hardware hast, musst du ein paar Entscheidungen treffen. Ich selbst konzentriere mich beispielsweise darauf, verschiedene Clips zu spielen, sie zu schneiden, die Drums live zu sequenzieren und etwas an den Effekten zu schrauben. Eine Sache, mit der ich mich nicht beschäftigen möchte, wenn ich live spiele, ist die Dynamik der verschiedenen Komponenten. Alles sollte schon richtig gemixt sein, weshalb ich bereits im Studio darauf achte, dass dem so ist, und wenn ich dann live spiele, habe ich im Prinzip keine Kontrolle mehr über die verschiedenen Kanalpegel. Stattdessen lege ich auf jeden Kanal einen nichtresonanten Tiefpassfilter und widme ihm einen Fader, der ihn regeln kann. Wenn der Fader unten ist, dann ist auch die Spur gemutet. So kann ich meine Kanäle rein- und rausmixen und sicher sein, dass die Dynamik stimmt.

Die Viervierteltakt-Taste

Eine sehr hilfreiche Taktik ist, wenn du dir eine Art Home-Taste erstellst – und was ich damit meine, ist eine Taste, die dir erlaubt zum Gewohnten zurückzukehren, nachdem du Chaos produziert hast. Hier ein Beispiel: um meine Drums zu sequenzieren, nutze ich einen Max for Live-Patch, den ich geschrieben habe und der vom Monome kontrolliert wird. Der Patch macht Echtzeit-Step-Aufnahmen: auf den Pads kann ich Drum-Sounds spielen und sie dann loopen und quantisieren lassen. Manchmal spiele ich ein paar satte Drum Breaks und Broken Rhythms und gehe dann wieder auf den guten alten Viervierteltakt. Also habe ich eine Taste programmiert, die genau das tut. 2010 habe ich sie noch naiv „Come to Daddy“ genannt und dann hat sie sich als eins der meistgenutzten Elemente in meinem Set herausgestellt. Diese Methode kann man auf vielerlei Weisen anwenden. Du kannst zum Beispiel, wenn du viel mit Effekten arbeitest, für eine Taste auf deinem Controller eine Zuweisung machen, die alle mit einem Mal ausschaltet. So veränderst du deinen Sound radikal und gehst auf nur einen Knopfdruck wieder auf Null. Ich finde, in der elektronischen Tanzmusik ist das ein wesentliches Element, weil es viel darum geht, Spannung aufzubauen und sie wieder zu brechen.

Vergiss nicht die Fische zu füttern

Es ist wichtig, dass du dein Set pflegst und neues Material sammelst. Ich verbringe 1-2 Stunden in der Woche nur damit. Dieser Track, den du nie fertigbekommen hast, weil du die Loop-Blockade nicht bewältigt hast? Extrahiere ein paar wesentliche Elemente und nimm sie mit in dein Set hinein. Benutze sie in Verbindung mit anderen Elementen. Remixe dich selbst! Du hast ein geniales Video über ein exotisches Instrument auf YouTube gesehen? Sample und schneide es! (Vergiss nicht, die Lizenzrechte abzuklären.) Du warst am Wochenende auf einer 48-Stunden-Party und auf dem Weg nach Hause hast du eine Phantom-Bassline gehört, die sich in den Klang des Zuges geschlungen hat? Skizziere sie! Alles gehört mit rein. Ich behandle mein Set als einen ewigen Spielplatz der Ideen, wo – im Gegensatz zu Studioproduktionen – Experimentieren und Freude vor der Perfektion kommen. Es soll als Zufluchtsort für kreativen Exorzismus dienen.

Das war’s vorerst. Nächsten Monat sind wir wieder da und berichten weiter übers live Musik machen!

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