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Wie performst du elektronische Musik live: eine Einführung von Skinnerbox

  • 28 Januar 2016, Donnerstag
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Verschiedene Synthesizer und Keyboards nebeneinander

Hallo. Wir sind Skinnerbox. Wir machen Jazz-Musik. Es klingt nicht wie Jazz, es gibt kein klassisches Jazz-'Instrumentarium' und normalerweise spielen wir im Dunst von diesigen Clubs oder auf Festivals, während der dunkleren Stunden des Tages. Aber – und das musst du uns glauben! – wir spielen Jazz. Man muss den Begriff nur etwas erweitern.

Um es weniger abstrakt zu halten: wir, das sind Iftah (stammt aus Israel und lebt seit 2002 in Berlin) und Olaf (geboren und aufgewachsen in Berlin), sind uns 2003 begegnet und haben seitdem nicht aufgehört, gemeinsam Musik zu machen. Während des ersten Jahres unserer monogamen Musikehe erforschten wir die elektroakustische improvisierte Musik, legten Ambient-Sessions im Studio ein und spielten auf allem, was uns in die Finger kam. Die Zeit verging und wir bemerkten, dass wir uns auf zwei Instrumente konzentrierten: Olaf spielte die Minimoog und Itfah den Computer, und unsere Musik definierte sich immer klarer und wurde beat-orientierter. Unsere Vision war, mit nur wenig Ausrüstung und wann immer wir wollten, draußen spielen zu können. Wir bauten uns also ein kleines tragbares, autobatteriebetriebenes PA-System, gingen damit raus auf die Straße und machten unser Ding.

Wer von euch den Sommer 2005 in Berlin verbrachte, wird sich an die sogenannte „Rave-Renaissance“ erinnern, die damals die Stadt überschwemmte. Überall wurde gefeiert und nirgends kostete es etwas. Partyorganisatoren wie die Bachstelzen und die Bar25 bestimmten praktisch die Ästhetik der Club-Szene für die nächsten Jahre. Und ja, wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort, und wir zogen mit unseren furchtbaren Haarschnitten und unseren berüchtigten nachmittäglichen Live-Sessions im Görlitzer Park die Aufmerksamkeit auf uns. Über die letzten Jahre haben wir ein Dutzend Singles und ein Album bei Labels wie „BPitch Control“, „My Favourite Robot“, „Darkroom Dubs“ u.a. herausgebracht. Wir fingen an, unsere eigenen Instrumente und Effektgeräte zu bauen und wir programmierten eine Drum-Maschine mit dem Namen „Time & Timbre“, die wir gemeinsam mit Abelton 2014 veröffentlichten. Unsere Musik mag sich während der letzten 10 Jahre enorm verändert haben, aber eine Sache ist gleich geblieben: wir spielen live improvisierte elektronische Tanzmusik.

Diese Themen möchten wir mit euch teilen

In unseren monatlichen Blog-Beiträgen wird es darum gehen, wie man als DIY-Krieger der elektronischen Musik, sowohl technisch als auch philosophisch gesehen, überlebt, mit Fokus aufs Live-Performen von elektronischer Musik, darauf, das richtige Setup zu finden bzw. unsere eigenen Instrumente zu bauen und eine eigene Klangsignatur zu entwickeln. Auch musikalische Grundlagen wie der 'Groove', 'Harmonien', Ästhetik im Allgemeinen und das Entwickeln neuer Ideen werden Thema sein.

Heute geht's um computerbasierte Bühnen-Setups. Vergiss aber nicht, dass das hier unser erster Artikel ist. Wir werden also thematisch noch nicht allzu sehr in die Tiefe gehen, und wir werden uns zurückhalten, was technische Fragen angeht, weil wir uns ziemlich sicher in den nächsten Artikeln in geekigen Details verlieren werden.

Was bedeutet es elektronische Musik live zu spielen?

Wir haben unser Setup selbst gebaut und verwenden einiges an speziell angepasster Ausrüstung und Software. So haben wir auf der Bühne die Freiheit, die wir brauchen. Die heutigen Tools geben dir etliche Optionen, sie anzupassen, auch wenn du kein Programmierer oder Instrumentenbauer bist. Du musst eigentlich nur darauf achten, dich nicht im Meer der Möglichkeiten zu verlieren und darauf, wie du die entsprechenden Tools für dich zum Laufen bringst. Du solltest dir viel Zeit nehmen, um herauszufinden, was am besten zu deinem kreativen Flow passt.

Ob digital oder analog, ob softe oder harte Instrumente – das ist erst einmal völlig gleich. Alles kann schön oder furchtbar sein, aber das eine oder das andere kann jeweils nützen. Früher hat uns am Techno fasziniert, dass es nicht um das 'Was' ging, sondern es um das 'Wie' geht. Heute kann (und sollte) man mit praktisch allem elektronische Musik machen.

Der Schlüssel zu einer großartigen Live-Performance, ist, wie wir glauben, auf der Bühne ein gutes Gefühl zu haben. Und das geht nur, wenn du dich frei fühlst. Mental heißt das natürlich, dass du die Bühnenangst überwindest und dass du daran glaubst, dass deine Musik sich ihren Platz in der übersättigten elektronischen Musikszene verdient hat (Das ist nicht leicht! Ignoranz kann da teilweise ganz nützlich sein...). Technisch gesehen sollte dein Setup komplex genug sein und es sollte dir viele Steuerungsmöglichkeiten bieten (...aber auch nicht zu viele. Zuviel Kontrolle führt meist zu Kontrollverlust!). Kenne dein Setup, als sei es eine Verlängerung deiner Selbst!

Lass deine Musik spontan entstehen

Der Begrifflichkeiten halber. Wir nehmen an, dass du mit Ableton arbeitest (Enthüllung: wir tun's). Es funktioniert mit jeder DAW:

Heutzutage gibt es hauptsächlich zwei Arten, wie auf einer Bühne elektronische Musik live performt werden kann. Die eine, und eher langweiligere Variante ist, vorproduzierte Tracks als Stems zerlegt zu verwenden und dabei mit den verschiedenen Elementen (z.B. Filtering, Effekte, Multitracks etc.) herumzuspielen. Die zweite ist, dass du einen großen Pool an Sounds vorliegen hast, der auf den verschiedenen Kanälen in unterschiedliche Kategorien unterteilt ist (z.B. Bass, Percussion, melodische Elemente, Drums), die du dann auf die unterschiedlichsten Arten kombinieren kannst, um spontan neue Musik zu erschaffen (nächste Enthüllung – so machen wir das). Wir empfehlen, diese Richtung einzuschlagen, weil du so sicher sein kannst, dass es dir – und der Menge – nicht zu schnell zu langweilig werden wird. Es gibt nichts Ernüchternderes als „Live“-Musik, die nicht ihr Potential ausschöpft, spontan und in Einklang mit der Publikumsreaktion zu entstehen.

Halte dich während deines Liveset an diese 3 Punkte

Auch wenn du ausschließlich improvisierte Musik spielst, kann es trotz allem enorm helfen, wenn du in deinem Set drei Punkte festlegst: einmal den Anfang, der sowohl für dich als auch für dein Publikum gut funktioniern sollte. Jeder braucht in der Regel fünf bis zehn Minuten, um in Stimmung zu kommen. Dann brauchst du einen Anker für den Mittelteil, um auch mal durchatmen zu können (Tanzmusik zu improvisieren ist wirklich anspruchsvoll!). Und zum Dritten: ein „Rock'n'Roll“-Ende. Niemand braucht Acts, die mit zwei Minuten langen einsamen Bassdrums enden. Alles Weitere sollte man dem Augenblick überlassen – hier entstehen die wirklich großen Momente! Nachdem wir das geklärt hätten: halte dich, wenn dich die Inspiration überkommt, nicht zurück, einen oder egal welchen dieser Punkte zu verwerfen. Wenn man seine Pläne Pläne sein lässt, passieren oft die schönsten Unfälle. Nimm deine Sets auf und höre sie dir an, lerne von ihnen und mache es das nächste Mal besser.

Verbinde dein Set auch visuell mit deiner Musik

Such dir etwas, worauf du während deines Sets spielen kannst: ein MIDI-Keyboard, das einen Software-Synthesizer steuert, Drumpads für die Drums. Egal wie, oder schließe Elektroden an dein Hirn an, wenn's sein muss, aber bring auf jeden Fall irgendein Element in deinem Live-Set unter, welches visuell mit deiner Musik verbunden ist. Elektronische Livemusik, die blinkend aus irgendwelchen Boxen und Computern kommt, ist für den Großteil des Publikums eine sehr abstrakte Angelegenheit. Die Leute schätzen es ungemein, wenn sie selbst Verbindungen herstellen können. Und wenn das passiert, dann schreien sie lauter, und wenn sie lauter schreien, dann spielst du besser! Fakt.

Das war erst die Spitze des Eisbergs. In den nächsten Artikeln folgt die Fortsetzung unserer „Live-Playing“-Saga. Falls es irgendetwas Konkretes gibt, was du wissen möchtest, dann trau' dich zu fragen. Wir freuen uns sehr auf deine Gedanken und Kommentare!

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