"Du kannst eigentlich alles tun, solange du die Aufführung nicht in ein Konzert verwandelst." Musik für Theater ist substanziell anders als die Musik, die du für ein Album oder für ein Konzert entwickelst, nämlich dahingehend, dass dein Sound die Szenen, die Geschichte und die gesamte Produktion unterstützen sollte. Hier geht es nicht darum, hervorzustechen oder dem Stück deine persönliche Note aufzuzwingen. Das soll allerdings nicht heißen, dass du aus der Musik, die du fürs Theater kreiert hast, nicht ein Album entwickeln könntest. Du kannst eigentlich alles tun, solange du die Aufführung nicht in ein Konzert verwandelst. Es gibt keine festen Regeln, außer vielleicht einer: Musik fürs Theater wird nicht um ihrer selbst willen gemacht, sie ist immer ein Teil des Gesamtprojekts.
Recherche und Konzeption
Zur Vorbereitung gehört es nicht nur, dich mit dem Thema und dem Skript zu befassen, sondern auch, dich mit dem Regisseur und dem Ensemble zu treffen, das Stück mit ihnen zu diskutieren und zu den Proben zu kommen. Du solltest eng mit dem Regisseur und anderen Beteiligten zusammenarbeiten, um ein Gefühl für die Stimmung zu bekommen, die in der jeweiligen Szene vermittelt werden soll. Erörtere mit ihnen, was zwischen den Handlungsabschnitten und im Subtext der Geschichte passiert. Deine Musik kann das Ungesehene zum Leben erwecken, während sie die Handlungen, Dialoge und Metaphern des Stückes unterstützt – oder ihnen einen Kontrast entgegensetzt. Auch Bühnenbild, Ausstattung und Beleuchtung sind wichtige Ausdrucksmittel in der Produktion, welche du im Blick haben solltest. Diese Elemente zusammengenommen sollten dir eine Palette an Klangfarben und Stimmungen vermitteln, auf denen du deine Komposition(en) aufbaust.
Komposition und Arrangement
Deine musikalische Komposition und die Auswahl der eingesetzten Instrumente sollten gezielt verschiedene Aspekte des Stücks unterstreichen, die Szenen jedoch nicht überschatten. Stattdessen sollte sie in die Aufführung so eingearbeitet sein, dass die einzelnen Bestandteile zusammen als Ganzes funktionieren. Überlege, welche Art Musik du zwischen den Szenen einsetzt und welche während der Sprechszenen. Deine Instrumentierung muss keineswegs konventionell sein: Wo, wenn nicht im Theater könntest du den üblichen Rahmen sprengen und Ungewöhnliches wagen? Beispielsweise sind selbstgebaute Instrumente stets spannend und ihre klanglichen Eigenarten vermitteln weniger den Charakter eines Konzerts. Die simpelste Instrumentierung kann umso einnehmender und ergreifender wirken, wenn sie im Rahmen eines Theaterstücks eingesetzt wird!
Proben und Weiterentwickeln
Um die Musik für eine Theaterproduktion auszuarbeiten benötigt es eine Menge Zeit und viele Durchläufe. Nachdem du die Musik geschrieben hast, solltest du sie mit dem gesamten Team viele Male Szene für Szene durchgehen, bis ihr die praktischste, effektivste und wirkungsvollste Lösung gefunden habt. Dieser Arbeitsprozess gestaltet sich für jeden Musiker und jede Produktion unterschiedlich, doch am Ende, wenn es darum geht, sie im Stück einzusetzen, ist es unerlässlich, dass alle zusammenarbeiten. Der Weg zur finalen Form ist abhängig davon, ob du gut mit dem Ensemble zusammenarbeiten kannst, um mit Regisseur und Darstellern gemeinsam zu entscheiden, was funktioniert und was nicht. Häufig entstehen die besten und stärksten Momente aus dem andauernden Wiederholen von Strukturen während dieser entscheidenden Phase der Gruppenarbeit. Aus dieser scheinbar nüchternen Routine erwachsen oftmals spontane kreative Ausbrüche von Genialität.Musik für dramatische Darbietungen zu schaffen ist eine der ältesten und ursprünglichsten sozialen Aktivitäten der Menschheitsgeschichte und bis heute wird diese Kunst immer wieder verfeinert, weiterentwickelt und neu gedacht. Hab keine Angst vor unkonventionellen Herangehensweisen und davor, deine Musik jenseits der bereits existierenden Motive und Arrangements anzusiedeln.
Live spielen
Halte dich an das, was ihr geprobt habt und weiche nicht von dem ab, was ihr zusammen entwickelt habt und was andere Mitwirkende an dieser Stelle erwarten. Deine Körpersprache sollte dein Verhältnis zum restlichen Bühnengeschehen widerspiegeln. Die Bühnenpräsenz des Musikers ist genauso wichtig wie das, was er spielt: Das Publikum wird sich an die transportierten Emotionen erinnern, und in deiner exponierten Lage drückst du auch durch dein Verhalten etwas aus. Theatermusik muss nicht technisch perfekt oder beeindruckend sein, es sollte die Stimmung der Geschichte, die erzählt wird, unterstützen und reflektieren. Du musst eine intuitive Verbindung schaffen zwischen der Musik, die du einstudiert hast, deiner natürlichen Präsenz und Körpersprache und allem, was um dich herum auf der Bühne geschieht – und zwar in jedem Moment, den gesamten Bogen des Stückes bis zum finalen Vorhang.
Sampling und vorproduziertes Playback
Du kannst jeden Klang der Welt sampeln und ihn abspielen, aber es gibt ein paar Dinge, die du dabei beachten solltest. Nummer eins: Timing und Reihenfolge. Bereite alles so vor, dass du in deiner Software deine Samples und deren Trigger in der richtigen Reihenfolge parat hast. Nichts wäre ärgerlicher, als unter Zeitdruck erst nach dem richtigen Sample suchen zu müssen. Stell sicher, dass du deine Trigger-Knöpfe auch unter Aufführungsbedingungen sehen kannst, denn im Theater ist es üblicherweise dunkel während des Stücks. Du willst ja sicher nicht einen Einsatz verpassen oder das falsche Sample abspielen, weil du es nicht finden kannst. Du könntest eine kleine Klemm- oder Taschenlampe benutzen, aber dann vergewissere dich, dass das die Zuschauer oder Schauspieler nicht ablenkt. Außerdem musst du immer sicherstellen, dass die Abspiellautstärke sich gut in die Szene einfügt – kommen deine Sounds zu laut oder zu leise, kann das viel kaputtmachen.
Soundeffekte und –design
Verfremdende Effekte wie z.B. Octave Shifter, Rückwärts-Delay, Verzerrung etc., angewendet auf Stimmen oder Instrumente können dem Geschehen gespenstische, surreale oder unheimliche Aspekte hinzufügen. Das kann sehr gut funktionieren, solange der Effekt nicht um seiner selbst willen, sondern mit einer Absicht eingesetzt wird, die sich auf das Bühnenstück bezieht. Wenn du Effekte einsetzt, nutze sie eher sparsam, aber dafür stringent, und pass auf, dass du nicht die Soundanlage des Hauses damit überforderst.
Andere Soundeffekte erhältst du durch im besten Sinne altmodische Methoden, indem dass du Instrumente, Objekte und Klangerzeuger dazu nutzt, etwas darzustellen. Wie etwa, wenn du eine Snare mit einem Rimshot anspielst, um einen Pistolenschuss zu simulieren, oder wenn du mit nichts anderem als einem Mikrofon und deinem Mund eine Vielzahl von Geräuschen erzeugst – so wie Windgeräusche, fahrende Autos, Tierstimmen etc. Du kannst deine eigenen Samples kombinieren mit live gespielten Instrumenten und Echtzeit-Effekten – so lange du dein gewähltes Setup so souverän beherrschst, dass du es mühelos bei der Aufführung darbieten kannst.
Wenn du deinen Sequencer in Zusammenhang mit live gespielten Instrumenten und Effekten einsetzt, nimm deine Zeit, um alle Lautstärken und Stereopositionen wie gewünscht einzustellen – abgestimmt auf deine Controller-Oberfläche, deine Software, deine Geräte, die Haus-PA und die Bühnenmonitore. Diese Kette hat viele Glieder, also überprüfe deine Batterien, Kabel und Stromanschlüsse vor jeder Aufführung – diese Komponenten sind störungsanfällig und es kann viel Zeit in Anspruch nehmen, im Falle eines Ausfalles den Fehler zu lokalisieren. Erstelle in regelmäßigen Abständen ein Backup auf einer externen Festplatte! Selbst wenn es unwahrscheinlich ist, dass dein primärer Laptop fünf Minuten vor der Show die Grätsche macht – es kann vorkommen. Bereite dich auf alles vor. Und versuche, unkonventionell zu sein, denn Theatermusik muss in keine Schublade passen.
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