von Luis Interior (Revista Don)
Wir leben in einer Ära, in der Bewegtbild das Maß aller Dinge ist. Und das macht es zu einem besonders wichtigen Mittel, um Musik zu promoten. Wir haben Enrique Torralbo, der für 'Cuarteles de Invierno' von Vetusta Morla mit dem Preis für den beste Videoclip 2015 ausgezeichnet wurde, gebeten, kreativen Regisseuren und Bands seine Geheimnisse für eine erfolgreiche Videoproduktion zu verraten.
Vetusta Morla, eine der erfolgreichsten Bands Spaniens, hatte mit Enrique Torralbo eine neuartige Medienform entwickelt, eine experimentelle wie einzigartige Mischung aus Video und Text. 'Cuarteles de Invierno', das als bester spanischer Videoclip des Jahres 2015 gilt, war gleichzeitig einer der ersten interaktiven Videoclips. Dieses neue Format nannten sie „Megasingle“. Dahinter verbirgt sich eine gänzlich neue Form, die Elemente von Magazinen und Tonträgern zu einem durchgehenden audiovisuellen Erlebnis verschmilzt, welches auf Smartphones, Tablets und Laptops konsumiert werden kann. Die Idee war, audiovisuellen Content mit Möglichkeiten zur Interaktion zu versehen, zusätzlich wurde es auch auf Websites wie YouTube, im Fernsehen oder für Mobilgeräte aufbereitet.
Das rief eine ganze neue Generation von Videoclips für Songs auf den Plan. Als Beispiele seien einmal 'Llévame muy lejos' von Amaral, 'Kitsuné' von Toundra oder das audiovisuelle Experiment namens 'Pompeya' von Rufus T. Firefly aufgeführt – um nur ein paar zu nennen.
Wir haben Enrique Torralbo gebeten, für iMusician einige Tipps für Bands und Videoregisseure zusammenzustellen, die ihnen bei ihren eigenen Projekten und Vorhaben helfen können. Denn kreative Freiheit ist sicherlich eine feine Sache – diese 12 Tipps sollte trotzdem jeder berücksichtigen.
1. Das Video dient dem Song – nicht umgekehrt
Ein Videoclip ist ein Werkzeug zur Promotion und sollte an den Song angepasst sein oder ihn bereichern. Das Lied sollte das Storytelling des Videos inspirieren, und nicht umgekehrt. Das Video hat die Funktion, den Song zu unterstützen und ihn durch Visualisierung lebendig zu machen. Es sollte ein stimmiges Bild passend zum Song und zum Künstler vermitteln.2. Nutze deine Kreativität
In der Welt der Videoclips kommen visuelle und auditive Ausdrucksmittel zu einer ganzheitlichen Erfahrung zusammen. Das gibt die also zwei Felder, in denen du kreativ werden kannst und dir Freiheiten rausnehmen kannst. Behalte nur stets Regel Nummer 1 im Hinterkopf, wenn du deine expressiven Möglichkeiten auslotest.3. Sei einzigartig
Klar, wir alle lieben die Musikvideos von Michel Gondry, Spike Jonze oder Chris Cunningham. Es ist jedoch wenig sinnvoll, ihnen nachzueifern. Schließlich haben sie ja schon alles gemacht. Bleib also deiner eigenen Vision treu. Bring deine persönliche Handschrift mit hinein und entwickle einen persönlichen Stil, der zu deinem Markenzeichen wird.4. Renn nicht den Trends hinterher
Obwohl es mühsamer sein mag, deine Projekte und Ideen selbst zu entwickeln, wird das Ergebnis am Ende Hand und Fuß haben und über kurz oder lang am besten funktionieren. Sicher ist es gerade angesagt, Drohnen-Kameras einzusetzen, Zeitlupen zu fahren und Farbpulver zu verschießen. Aber wenn diese Elemente nicht zu deinen Ideen passen, brauchst du sie auch nicht einsetzen. Bleib bei deiner eigenen Linie und deiner persönlichen Vision. Angesagt oder nicht, wenn was nicht funktioniert, brauchst du es nicht verwenden.5. Nicht alles eignet sich für einen Videoclip
Das mag jetzt der landläufigen Meinung widersprechen, dass grundsätzlich alles geht, aber hey, wer ein erfolgreicher Regisseur werden will, muss eben auch Konventionen widersprechen können. Die Sache ist: So sehr das Medium auch künstlerische Freiheiten und Kreativität zulässt, so gibt es nun mal auch Grenzen. Wenn du in ein Video einen Haufen Techniken stopfst, die nicht zusammen passen, wird das Ergebnis halt kacke. Also vollzieh von Zeit zu Zeit mal einen Reality Check und verwende nur das, was Sinn ergibt.6. Halte es spannend
Du brauchst genug Material, um den Song damit unterlegen zu können. Das mag wie eine Binse klingen, aber es soll hier noch einmal betont werden. Denn oft beruhen Musikvideos allein auf einem interessanten Konzept oder einer Serie starker Bilder, doch das alleine reicht eben nicht. Dieses Konzept, diese Bilder benötigen eine Abfolge, sie brauchen eine Storyline, einen Spannungsbogen. Ohne das erhältst du das, was man leider oft in Musikvideos siehst: ein „anything goes“. So flackern inkohärente und letztlich bedeutungslose Bilder über den Schirm, die man nicht versteht und die auch durch keinen roten Faden geeint werden.Hier empfehle ich folgende Vorgehensweise: Wenn du kein Storyboard erstellst, zieh den Song in dein Schnittprogramm. Dann skizziere, welche Einstellung oder welche Idee du in welchem Frame zeigen willst. So weißt du schon vorher exakt, welches Bildmaterial du benötigen wirst. Das vorher zu durchdenken ist letztlich der Garant dafür, dass du beim Schnitt eine Menge Material zur Verfügung hast.