BEATPORT HYPE – eine gute Gelegenheit für aufstrebende Indie-Künstler?
- Bruce Levy
- 29 November 2018, Donnerstag
Letzten Juni stellte der Industriegigant Beatport Hype vor. Diese neue Plattform soll jenen kleinen Labels und Nachwuchskünstlern zu mehr Sichtbarkeit verhelfen, die sonst weniger Chancen haben, in den Warenkörben der DJs zu landen.
Beatport ist der größte Shop für DJs und Fans von Dance Music. Gegründet in Denver 2004, kann das amerikanische Unternehmen inzwischen auch Niederlassungen in LA und Berlin vorweisen. Anders als die meisten Online-Musikhändler, welche stark unter dem Boom der Streamingdienste leiden, konnte es die letzten drei Jahre anhaltendes Wachstum verbuchen. Beatport hat einen nicht unbedeutenden Anteil am Erfolg von EDM (Electronic Dance Music), ein in den USA in den letzten zehn Jahren äußerst populär gewordenes Musikgenre. Vor dem Hintergrund, dass dessen Beliebtheit inzwischen langsam abflaut, ist Beatport Hype nun die Suche nach neuen Wegen, um die Zielgruppe des amerikanischen Musikgiganten zu erweitern.
Beatport Hype, erstmalig vorgestellt beim International Music Summit auf Ibiza, umfasst eine eigene HypeTop 100. Dabei handelt es sich um eine Hitliste der besten Nachwuchskünstler und –labels für jedes der von der Plattform behandelten Dance-Genres (Techno, House, Hip-Hop, Minimal...). Nicht weniger als 25.000 (!) neue Tracks werden jede Woche auf die Seite hochgeladen, was es für die acht renommierten Kuratoren der Seite wohl nicht einfach macht, hier die Crème de la Crème herauszupicken und den DJs und Musikliebhabern die stundenlange Suche nach Track-Perlen zu erleichtern. Ist das ein gutes Angebot für aufstrebende Independent-Künstler? Laut Statistik kommen96 % aller Verkäufe auf Beatport von Independent-Labels.
Terry Weerasinghe Beatports CPO (Chief Product Officer), hat eine Erklärung dafür: “Dance Music ist eine Sache von Independent-Labels. Da es kein Markt ist, der auf Songs basiert, sind die Majors nicht so interessiert daran, ihn so zu dominieren wie in anderen Szenen.“ Zweifellos ist es mit der großen Popstarkarriere auch schwierig, wenn man nur vor einem Bildschirm sitzend Beats zusammenschraubt (obwohl sich auch das allmählich ändert), aber darum soll es in diesem Artikel auch nicht gehen.
Obwohl es noch zu früh ist für ein Urteil, ob Beatport Hype wirklich ein Sprungbrett für Indie-Labels ist oder nicht, die HypeTop 100 ist sicherlich eine gute neue Gelegenheit, um von Kuratoren, DJs und Musikfans entdeckt zu werden. Gleich nach dem Launch von Beatport Hype vermeldete das Unternehmen die Übernahme des Streaming- und Speicherdienstes Pulselocker, welcher zuvor in DJ-Softwares wie Traktor und Serato verfügbar war. Beatport hatte zu dem Zeitpunkt schon seinen eigenen Streamingdienst, stellte ihn jedoch 2016 wieder ein. Der gesamte Katalog der Plattform wird 2019 zum Streamen verfügbar sein. Obwohl die Kosten des Angebots noch nicht bekannt sind, dürfte das eine gute Nachricht für Nachwuchskünstler sein.
Wie sexistisch ist EDM?
Eine weitere Kategorie, die Beatport Hype besonders nach vorne stellen möchte: weibliche DJs. Nach Angaben des Teams sind Frauen in ihrem Katalog deutlich unterrepräsentiert. Da das EDM-Business recht kaufmännisch geprägt ist, sind die Nutznießer des gewaltigen Erfolgs zum allergrößten Teil männliche Künstler. Für amerikanische Entertainment-Mogule ist das Genre eine Goldgrube, wo die männlichen Superstar-DJs jährlich Millionen von Dollar umsetzen. Beispielsweise seien hier Skrillex, Avicii (welcher ja im April verstarb – RIP Avicii), Calvin Harris oder Zedd genannt.
Nichtsdestotrotz wankt laut der New York Times die männliche Vormachtstellung in elektronischer Underground-Musik mittlerweile. In Berlin, wo die meisten weiblichen DJs und Produzentinnen leben, ist die Zeit der rein männlichen Lineups bereits Vergangenheit. Rein in Zahlen ausgedrückt, ist die Ungleichheit der Geschlechter in diesem Businesszweig jedoch nach wie vor sehr hoch. In den USA, wo der Kundenstamm der Plattform überwiegend (nämlich zu etwa zwei Dritteln) aus EDM-DJs besteht, steht diese demnach vor einer nicht unbedeutenden Herausforderung. In Europa stellt sich die Situation im Vergleich dazu etwas anders dar. Die größten Absatzmärkte sind hier das Vereinigte Königreich und Deutschland, wo das Angebot bereits diverser ist.
In diesen Ländern fächert sich, wie Beatports Daten zeigen, eine große Bandbreite an musikalischen Geschmäckern auf. Der florierende EDM-Markt hatte es schwer, in der europäischen Clubkultur, welche traditionell in viele Genres und Subgenres verstreut ist, ein Publikum zu finden.
Ist Beatport das Spotify der Dance Music?
Kann man Beatports Kuratieren seines Angebots mit dem von Spotify vergleichen? Obwohl Beatports Angebot gigantisch ist, beschränkt es sich im Wesentlichen auf EDM. Inzwischen gibt es zahlreiche andere Seiten, auf denen man ebenfalls, und oftmals billiger, Musik in 320-kbps-Qualität (FLAC und mp3) erwerben kann. Viele etablierte DJs, die auf ein Netzwerk zurückgreifen können, beziehen ihre Musik direkt bei den Labels (oder werden kostenlos damit versorgt). In Konkurrenz zu Beatport können DJs auch auf Plattformen wie Traxsource, Juno, Boomkat, Soundcloud oder sogar iTunes das Gesuchte finden.
Auf Bandcamp, der populären Alternative zu den gängigen Musikshops, kann man seine Musik direkt bei den Labels und Independent-Künstlern beziehen (ohne Gebühren und ebenfalls in allen gängigen Formaten). Die Zukunft wird zeigen, ob Beatport Hype zum Sprungbrett für aufstrebende Independent-Künstler wird, nach dem Muster von Soundcloud, von wo aus schon viele Musiker und Genres den Weg zum Erfolg begonnen haben.