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Die neue Musikindustrie – die Blockchain in Aktion

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What is blockchais for musicians

Erinnert ihr euch an unseren Beitrag „5 Wege, dein Schicksal als Künstler selbst in die Hand zu nehmen“? Steffen Holly von Fraunhofer Institut für digitale Medientechnologie sagte damals: „Erst wenn die Musiker am Rande der Musikindustrie die verfügbaren Technologien nutzen, um sich von der Industrie weg zu bewegen, anstatt in sie hinein, dann entsteht wieder etwas Neues, etwas Relevantes.

Einfach, elegant, transparent

Nun, genau das passiert gerade. Zur Erinnerung: Die Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, vollkommen transparent und in der Lage, Kryptowährungen zu verarbeiten. Sämtliche Transaktionen, die auf dieser Datenbank getätigt werden, werden in regelmäßigen Abständen versiegelt und für alle Zeiten archiviert. Eine Transaktion bezieht sich dabei nicht ausschließlich auf Geldtransfers. So gut wie jeder erdenkliche Vorgang – etwa das digitale Stempeln von Dateien zum Nachweis von Urheberschaft oder das Registrieren zur Wahl – kann in Datenform als Transaktion in die Blockchain geschrieben werden. Dezentralität, Transparenz und Kryptowährungen: allein diese drei Merkmale können dabei helfen, praktisch sämtliche Herausforderungen, denen sich die Musikindustrie aktuell gegenüber gestellt sieht, zu lösen. Ganz zu schweigen von intelligenten Verträgen, sogenannten Smart Contracts.

Die britische Sängerin, Songschreiberin und Komponistin Imogen Heap träumte schon lange von einem digitalen Ökosystem, in dem Künstler das Epizentrum bildeten und die volle Kontrolle über ihr Schaffen behielten. Aus einer revolutionären Vision in ihrem Kopf wurde mit der Hilfe von Ujo Realität. Über Ujo, das sich die Blockchain-Technologie zunutze macht, haben wir bereits berichtet. Was damals wie Zukunftsmusik klang, ist mittlerweile ein funktionierender Prototyp. Wer ein paar Minuten damit herumspielt, dem dürfte es Freudentränen in die Augen treiben angesichts der Einfachheit, Eleganz und Transparenz, die verdeutlicht, wie ein Künstler-Hub der Zukunft aussehen kann.

Als Sample dient ein Song, den Imogen Heap ihrer Tochter widmete: „Tiny Human“. Wer auf ujomusic.com auf „Launch Prototype“ klickt gelangt direkt zum Song. Neben der Möglichkeit, ihn zu kaufen, erhält man dort auch Informationen zu allen beteiligten Musikern. Die planetenartige Darstellung ist ganz passend, denn wenn in der Zukunft erst zigtausende Künstler Teil der Ujo-Galaxie geworden sind, ist jede Band, jeder beteiligte Künstler, jeder Komponist und Produzent, jeder einzelne Song ein Knotenpunkt.

Smarte Lizenzen

Doch zurück zur Gegenwart. Was Ujo von jeder anderen Plattform unterscheidet, ist die grenzenlose Offenheit. Wer den Song kaufen möchte, kann aus einer Reihe von Lizenzen wählen: Privatleute können den Song für herunterladen, aber auch Shops wie iTunes können den Titel in ihr Angebot aufnehmen, solange sie 90 Prozent der Einnahmen an die beteiligten Künstler weiterleiten. Vermutlich denkt sich jetzt der ein oder andere, dass Apple sich doch nicht den Bedingungen eines einzelnen Künstlers beugen wird. Das könnte sich jedoch ändern, wenn neben Imogen Heap noch einige weitere Hochkaräter erst auf Ujo umsteigen.

Dasselbe gilt für Streaming-Dienste. Imogen Heap hat im Falle von „Tiny Human“ 0,6 US-Cent pro Stream als Lizenzgebühr festgelegt. Und auch wenn es aktuell keinen Streaming-Dienst gibt, der ein Geschäftsmodell hat, dass die Zahlung von mehr als einem halben Cent pro Stream erlaubt, wird es früher oder später einen geben, der es fertig bring, ist sich Ujo-Entwickler Phil Barry sicher.

Produzenten, die von „Tiny Human“ zu einem Remix inspiriert wurden, können sich das Stems-Paket, das sämtliche Einzelspuren des Songs enthält, für 45 US-Dollar kaufen. Auch die kommerzielle Nutzung in Form eines Synch-Deals ist abgedeckt. Imogen Heap legt sogar offen, dass sie Sennheiser die Erlaubnis eingeräumt hat, den Song zu Marketingzwecken zu verwenden.

Sämtliche oben dargelegten Lizenzen sind mit einem Smart Contract auf Ujo hinterlegt. Diese „intelligenten Verträge“ sorgen dafür, dass das die Lizenzgebühren – der Kaufpreis – automatisch auf den Konten aller beteiligten Musiker landet. Der Anteil, den jeder erhält, wurde im Vorfeld im Vertrag festgelegt. In den Richtlinien ist ersichtlich, wie viel jeder beteiligte Musiker (1. & 2. Geige, Violine, Cello, Posaune, Horn) sowie Mastering-Engineer Simon Heyworth an jedem Verkauf verdienen. Es gibt sogar eine aktuelle Bilanz, die anzeigt, wie viel jeder bereits verdient hat.

Geldtransfers (fast) in Echtzeit

Jeder Verkauf ist dokumentiert, auch die anonyme ID eines jeden Käufers. So lässt sich jederzeit nachweisen, dass man die Lizenz für einen Song bereits bezahlt hat – wenn man etwa gezwungen ist, den Song neu herunterzulanden, weil die Festplatte implodiert ist oder ähnliches.

Weil die Blockchain in der Lage ist, Kryptowährungen zu verarbeiten, wird jede Bezahlung in sekundenschnelle überwiesen. Zum jetzigen Zeitpunkt benötigt man noch ETH-Einheiten (benannt nach Ethereum, der Blockchain, auf der Ujo aufgebaut ist), um auf Ujo bezahlen zu können. Und auch wenn es keine Zauberei ist, an solche Einheiten zu gelangen, befinde man sich laut Phil Barry in Gesprächen mit Kreditkartenunternehmen, um künftig auch andere Zahlungsoptionen offerieren zu können.

Machtwechsel

Wie aber soll es gelingen, die gesamte Musikbranche dazu zu bringen, ihre Geschäfte über die Blockchain abzuwickeln. Eine Branche, die nicht in erster Linie dafür bekannt ist, sich neuen Technologien zu öffnen. Die meisten Fortschritte im Tech-Sektor basieren auf Open Source und dem Teilen von Ideen. Die Musikindustrie ist jedoch auf die Kontrolle von Werken spezialisiert, damit hat sie den Großteil ihres Geldes verdient. Diese Kontrolle zeichnete sich in den Achtzigern und Neunzigern durch ein Distributionsmonopol aus, dass ein paar wenige große Player unter sich aufteilten. Wann immer eine neue Technologie drohte, dieses Monopol zu durchbrechen, war Panik angesagt.

Mittlerweile entspringen neue Technologien in einer Frequenz, dass es nicht mehr möglich ist, sie im Keim zu ersticken, wie es beispielsweise bei der MP3 noch versucht wurde. Dafür, dass die Musikindustrie das gelernt hat, spricht die Tatsache, dass Robert Ashcroft, der CEO der britischen Verwertungsgesellschaft PRS, und Christophe Waignier vom französischen Pendant SACEM, beim Fair Music Open Forum in Boston an einem Panel teilnahmen, bei dem es um die Möglichkeiten der Blockchain ging.

Mutige vor

Eine Menge Unternehmen im Musikbiz rechtfertigen ihre Existenz damit, dem Künstler den bestmöglichen Deal herauszuschlagen. Andere sorgen dafür, dass er vernünftig vermarktet wird. Wer das Ökosystem bereichert, wird auch auf der Blockchain noch seine Berechtigung haben. Was nicht mehr zu rechtfertigen sein wird sind übertrieben hohe Provisionen, die in erster Linie dafür verprasst werden einen veralteten Apparat am Leben zu halten. Auch Non-Disclosure-Agreements werden der Vergangenheit angehören. Noch operieren viele von diesen Modellen der alten Schule in einem ebenso veralteten Rahmen: ins Radio und Fernsehen kommt man nach wie vor nur sehr schwer, wenn man nicht über eine der etablierten Strukturen auf dem Schreibtisch der Radioplaner landet. Doch auch das wird sich einpendeln.

Wenn sich die Fairness eines transparenten Systems wie Ujo erst herumgesprochen hat, wenn genügend Künstler das System nutzen, dann werden auch Radiostationen Smart Contracts unterzeichnen und Songs über die Blockchain lizenzieren und bezahlen. Wir wollen nicht ausschließen, dass einige beliebte Indies voranschreiten. Es arbeiten nämlich viele Leute im Musikgeschäft, die tatsächlich nichts weiter wollen, als gute Musik an die Öffentlichkeit zu bringen, und zwar so, dass alle davon leben können.

Some definitions...

Eine Blockchain ist ein verteiltes digitales Konto, das alle Arten von Daten speichert und enthält. Eine Blockchain kann Informationen über Kryptowährungstransaktionen, NFT-Eigentum oder DeFi Smart Contracts aufzeichnen. Sie ist dezentralisiert und dieses System der Informationsaufzeichnung macht es schwierig (oder unmöglich), sie zu ändern, zu hacken oder zu betrügen.

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