Der Kampf gegen den gewerblichen Ticketzweitmarkt – wo Online-Schwarzhändler große Mengen an Konzerttickets aufkaufen und zu erhöhten Preisen weiterverkaufen – war in den vergangenen Jahren unermüdlich. Künstler, Agenten und Veranstalter führen öffentliche Kampagnen gegen ein Geschäft, das laut Schätzungen weltweit jährlich 8 Milliarden US-Dollar generiert.
Das meiste von dem Geld entgeht der Musikindustrie, und auch die Kunden sind benachteiligt, weil es mühsam ist, für Shows mit großer Nachfrage Tickets auf dem Erstmarkt zu ergattern. Schwarzhändler nutzen Computerprogramme, sogenannte Bots, um sich tonnenweise Tickets zu sichern, sobald der Verkauf startet. Den Fans bleibt nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass sie in der Warteschlage nach vorne rücken, solange noch Tickets erhältlich sind.
Ist die Show vorher ausverkauft, bleibt ihnen nicht anderes übrig, als auf dem Zweitmarkt die manchmal halsabschneiderischen Preise zu zahlen, die von den Schwarzhändlern verlangt werden – auf Seiten wie Viagogo, StubHub und Seatwave/Get Me In. Hohe Preise und ein frustrierendes Kauferlebnis verärgern die Kunden und zerstören so eine Beziehung, welche die Musikindustrie am Leben hält: die zwischen Fan und Künstler.
Gesetzgebung
Es werden zunehmend Rufe nach gesetzlichen Verboten gegen den gewerblichen Weiterverkauf von Tickets laut. Die Situation ist in ganz Europa unterschiedlich. Im Vereinigten Königreich müssen Tickets sämtliche Informationen eindeutig ausweisen, etwa Sitznummer, Originalpreis, Originalverkäufer. Weiterverkaufs-Seiten sind verpflichtet, Angebote, die sich nicht an diese Vorgaben halten, zu melden. Damit soll auch verhindert werden, dass Tickets bereits vor Verkaufsstart auf dem Zweitmarkt erhältlich sind (sog. Spekulationsverkäufe). Manche Händler stellen Tickets auf dem Zweitmarkt ein, bevor diese überhaupt in den Verkauf gehen, und können dementsprechend keine Angaben zu Sitznummer und Originalpreis machen. Man kann hinterfragen, ob diese Regeln befolgt werden, die tatsächliche Erfahrung spricht dagegen.
In den USA wird im Senat aktuell die Effektivität des sogenannten Bots Acts diskutiert, eines Gesetzes, das die Verwendung solcher Computerprogramme verbietet. Im Rest Europas grassiert diese Praxis nicht wirklich, da es nicht so viele Exklusivvereinbarungen zwischen Spielstätten und Ticketunternehmen gibt. Zudem sind Konzerte nicht oft ausverkauft, die Nachfrage ist also nicht hoch genug, um Schwarzhändler auf den Plan zu rufen. In Frankreich ist der Weiterverkauf von Tickets illegal, so auch in Spanien, wo Veranstalter Neo Sala gerade Klage gegen Zweitverkäufer eingereicht hat, die Anfang des Jahres Bruce-Springsteen-Tickets abgezwackt haben.
Lösungen und Probleme
Was können Künstler und ihr Team abseits des Gesetzes tun, um Schwarzhändlern den Kampf anzusagen? Und welche Hindernisse müssen sie dabei überwinden? Mumford & Sons beispielsweise setzen auf mehrere Methoden. Dazu zählt papierloses Ticketing, was das übertragen von Tickets unmöglich macht. Um dennoch sicherzustellen, dass diejenigen, die es nicht aufs Konzert schaffen, ihr Ticket los werden können, arbeitetet die Band mit Plattformen wie Twickets oder TicketSwap zusammen, wo Tickets nur zum Originalpreis weiterverkauft werden können. Dies hat dazu geführt, dass die Zahl von Tickets für Mumford & Sons-Konzerte auf Zweitplattformen zumindest reduziert, wenn auch nicht ausgemerzt, werden konnte. Aufgrund der Exklusivdeals zwischen Spielstätten und Ticketunternehmen kontrolliert die Band nur einen kleinen Prozentsatz der Tickets. Dice, Songkick und WeGotTickets sind weitere Unternehmen, die Anti-Zweitmarkt eingestellt sind und ihren Kunden verschiedene Möglichkeiten bieten, Tickets loszuwerden, wenn sie verhindert sind.
Ben Lovett von Mumford & Sons sagt: „Es gibt einen Weg, 100 Prozent deiner Tickets zu kontrollieren, und zwar indem du nur in Venues spielst, die niemand besuchen will. Leute wollen ihre Bands in ihrer Lieblings-Spielstätte sehen. Unsere Fanbase erwartet von uns, in diesen Räumlichkeiten aufzutreten, uns sind also die Hände gebunden.“ Hinzukommt, das es in der Regel mehr kostet, eine nicht traditionelle Venue zu bespielen, was sich auch auf Ticketpreise niederschlägt.
Für Ian McAndrews, den Manager der Arctic Monkeys, hat sich das personalisieren von Tickets, also das Beschriften mit dem Namen des Käufers, als enorm effektiv erwiesen. Laut McAndrews würde ein verbesserter Dialog mit den Ticketpartnern zur Verwaltung des Ticketinventars auch dazu beitragen, die Beziehung zwischen Künstler und Fan zu schützen. Veranstalter Paul Hutton meint, Schwarzhändlern könne man dadurch das Handwerk legen, dass man Tickets so kurz wie möglich vor dem eigentliche Konzert in den offiziellen Verkauf gebe.
Daten
Daten könnten den Prozess des Ticketkaufs verbessern, jedoch nur, wenn Plattformen auch gewillt sind, diese herauszugeben. Spotify und Pandora wurden dafür gelobt, Künstler und Manager großzügig mit Informationen zu ihren treuesten Hörern zu versorgen: wer hört am meisten, wo leben sie, welcher Demographie gehören sie an? Anfang des Jahres begann Pandora in Kooperation mit Ticketfly damit, personalisierte Benachrichtigungen an Fans von James Blake zu verschicken, als Tickets für dessen Konzerte erhältlich wurden. Spotify hat mit den Foo Fighters oder Guy Garvey ähnliche Kampagnen geführt. Eine solche Zusammenarbeit mit digitalen Vertriebspartnern ist ein weiterer Weg, den Zweitmarkt zu bekämpfen, weil Fans über legitime Links nur zu solchen Tickethändlern geleitet werden, mit denen die Künstler und ihr Team von vornherein zusammenarbeiten wollten.
Daten-Expertin Sammy Andrews warnt jedoch, dass einige der größeren Ticketunternehmen ihre Kundendaten zurückhalten – ein weiterer Grund ihnen die Zusammenarbeit zu verweigern, wo immer möglich. „Wir wissen nichts über die Leute, die tausende von Tickets kaufen und wo diese Tickets letztendlich landen. Das hat keinen Wert“, erklärt sie. „Mithin sitzen die Ticketriesen, die auch im Besitz von Spielstätten sind, auf Kundendaten, reichen diese aber nicht weiter. Als Industrie müssen wir in vielerlei Hinsicht zusammenarbeiten, um Daten zu erhalten und zu verwenden und zu präsentieren, ansonsten werden wir das Ökosystem, das wir alle brauchen, nicht erschaffen können.“ Ein erster Schritt wäre es, die Blockchain-Technologie ernst zu nehmen, eine öffentliche, dezentrale Datenbank, über die Tickets verkauft werden können.
„Wenn du ein Ticket auf der Blockchain verkaufst, kannst du einen Smart Contract beilegen, der dir exakt erklärt, wer das Geld erhält, ob das Ticket weiterverkauft werden darf oder nicht, zu welchem Preis und wem der Erlös daraus zusteht. Ich glaube zwar nicht, dass wir aktuell auch nur in der Nähe davon sind, dies umzusetzen, das ändert jedoch nicht daran, dass diese Technologie bereits existiert und in anderen Branchen auch genutzt wird. Das Potenzial, dass Daten den Status Quo wie wir ihn kennen aufmischen, ist enorm,“ so Andrews.
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