030esar0303: Wie man einen YouTube Channel erfolgreich aufzieht
Lucas (DJing als „Lucas Eb“) ist Labelinhaber, Marketing- und PR-Manager bei iMusician und stolzer Besitzer seines eigenen YouTube-Kanals 030esar0303, auf dem er die neuesten Tracks aus der elektronischen Musikszene präsentiert. 030esar0303 hat heute über fünfzigtausend Abonnenten auf YouTube, daher ist es keine Überraschung, dass wir an seine Tür geklopft haben, um ihm ein paar Fragen zu Musikkuration, Pitching und seiner ganz eigenen YouTube-Kanalstrategie zu stellen, um unabhängigen Musiker*innen wie dir zu helfen erfolgreich einen YouTube Kanal zu betreiben.
Hey Lucas! Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, deine Geschichte und Tipps zum Aufbau eines erfolgreichen YouTube-Kanals mit uns und unseren Leser*innen zu teilen. Die erste Frage, die mir in den Sinn kam – und die sich sicherlich viele Leute genauso fragen – warum hast du den Namen 030esar0303 gewählt?
Verständliche Frage, es ist ein super seltsamer Name! Die Herkunft des Namens „ESAR“ hat etwas mit meinem Graffiti-Hintergrund zu tun. Die Zahlen „030“ am Anfang und am Ende sind die Vorwahl für Berlin und beziehen sich auf die Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin. Die „3“ ganz am Ende des Kanalnamens habe ich einfach hinzugefügt, da es bereits mein dritter YouTube-Kanal ist. Die beiden vorherigen Kanäle wurden von YouTube gesperrt.
Du hast deinen Kanal im November 2011 gestartet. Heute hast du mehr als 900 Videos hochgeladen. Wie hat alles angefangen?
Alles begann mit dem Hochladen von Vinyl-Rips aus meiner persönlichen Plattensammlung. Ich hatte (und habe immer noch) Spaß daran, nach neuen Platten zu diggen. Immer wenn ich etwas Tolles fand, lud ich es einfach auf meinen Kanal hoch und fügte ein Standbild des Artworks hinzu. Ich hatte keine Autorisierung, Lizenz oder Genehmigung von den Urheberrechtsinhabern, was ziemlich naiv ist, wenn ich darauf zurückblicke, aber es war das, was wir damals gemacht haben, als es Spotify noch nicht wirklich gab. Nach einer Weile, vor allem mit der wachsenden Anzahl an Abonnenten, fingen die meisten Künstler*innen und Labels an, meinen Kanal als kostenloses Marketinginstrument zu sehen und ließen mich damit durchkommen. Gerade am Anfang haben sich natürlich einige Künstler*innen beschwert und dann habe ich meine beiden vorherigen Kanäle wegen Urheberrechtsstrikes verloren.
Heute sind die meisten meiner Uploads offizielle „Premieren“, welche mit den Labels und Künstler*innen auf Anfrage und Rücksprache hin hochgeladen werden. Die Uploads veröffentliche ich parallel auch auf meiner SoundCloud-Seite. Für diese Uploads kontaktieren mich die Labels und Künstler*innen zu Werbezwecken, um vor ihrem eigentlichen Veröffentlichungsdatum auf meinem Kanal vorgestellt zu werden.
Wie wählst du die Inhalte aus, die du auf deinem Kanal vorstellst? Ist es nur der persönliche Geschmack, nimmst du alles, was dir gefällt, oder gibt es ein bestimmtes Genre, auf das du dich auf deinem Kanal konzentrierst?
030esar0303 YouTube's channel
Entscheidend ist natürlich mein persönlicher Geschmack. Ich würde keinen Track hochladen, den ich nicht mag, nur um mehr Klicks auf meinen Kanal zu bekommen.
Von Sample-basiertem jazzigem Deep House, Breakbeats und Jungle bis hin zu progressiven Trance-Cuts und Electro – auf meinem Kanal findet man die unterschiedlichsten Stilrichtungen, überwiegend jedoch im Bereich der House Music.
Wie bist du zu den mehr als 50.000 Abonnenten gekommen, die du heute hast?
Ich schätze, da draußen gibt es ein paar Leute, die meinen Musikgeschmack teilen, haha! Ich bin natürlich sehr überwältigt, wenn ich an diese Zahlen denke.
Ein weiterer Grund für den Erfolg ist, dass einige meiner Videos stark vom Algorithmus gepusht werden und deshalb mehr Leute auf den Kanal stoßen und abonnieren. Je mehr Aufrufe deine Videos haben, desto höher ist natürlich auch die Chance, dass Leute deinen Kanal abonnieren.
Außerdem ist YouTube meiner Meinung nach immer noch eine der besten Plattformen, um neue Musik zu finden. Nicht nur, weil Tracks regelmäßig vor ihrem offiziellen Veröffentlichungsdatum auf YouTube veröffentlicht werden, sondern auch, weil man dort reine Vinyl-Releases findet – Tracks, die niemals auf Streaming-Plattformen wie Spotify oder Apple Music hochgeladen werden.
Ich denke, viele Leute sehen darin ein einzigartiges YouTube-Feature, und Kanäle, die exklusive Premieren veröffentlichen, bekommen immer mehr Aufmerksamkeit.
Das beliebteste Video, das du gehostet hast, ist „Unknown Artist – You Got The Funk“. Das Video hat 4,8 Millionen Aufrufe und ich muss sagen, es ist ein Ohrwurm! Es ist kein unbekannter Künstler mehr, sondern ein Track von Leo Pol. Welche Beziehung hast du zu ihm? War er glücklich, dass sein Track auf YouTube so gut abschneidet?
Der Künstler ist zwar nicht „unknown“, wie es im Videotitel heißt. Aber diese Strategie ging für Leo Pol, sein Label „Uniile“, und auch für die Performance des Videos selbst ganz gut auf. Der Grund für die explodierende Zahl der Aufrufe ist, dass sich die Leute sehr engagierten: Sie diskutierten und fragten sich, wer dieser mysteriöse Künstler sein könnte. Es gibt Tausende von Kommentaren wie „Uniile ist der Künstler!“ und Antworten wie „Nein, Uniile ist das Label, Leo Pol ist der Künstler!“. Dank des Engagements begann der Algorithmus von YouTube, das Video einem größeren Publikum zu empfehlen, und eins kam zum anderen.
Ich hatte keinen direkten Kontakt zu Leo Pol, sondern zu seinem Label-Manager. Offensichtlich waren sie mit der Leistung zufrieden und baten mich immer wieder, Links zu neueren Veröffentlichungen in der Beschreibung des Videos hinzuzufügen. Knapp 5 Millionen Aufrufe sind eine ziemlich gute Zahl für ein solches Nischengenre.
Wie ich sehe, hast du einige nach Genre und Subgenres kategorisierte Playlists erstellt, in denen du Videos von anderen YouTube-Kanälen speicherst. Sind Playlists auf YouTube und für deinen Kanal wichtig? Welche anderen Inhalte veröffentlichst du neben Premieren auf deinem Kanal?
Ja, Playlists sind auf YouTube ziemlich wichtig. Ich sehe, dass viele Views meiner Videos, die ich hochlade, von Playlist-Plays stammen. Wenn deine Videos/Uploads also zu den Playlists der User hinzugefügt werden, kann dies sehr hilfreich sein.
Der Hauptgrund, warum ich Wiedergabelisten nach Genre/Subgenre erstellt habe, war für meinen persönlichen Gebrauch. Ich habe sie jedoch veröffentlicht, um meinem Publikum eine weitere Möglichkeit zu geben, tiefer in die verschiedenen Musikstile einzutauchen, für die ich mich interessiere.
Neben dem Hochladen exklusiver Titelpremieren auf meinem Kanal experimentiere ich auch mit verschiedenen Videoformaten. Zu Beginn von Covid-19 habe ich beispielsweise mit HÖR Berlin zusammengearbeitet, wo ich einige Showcases hatte. Dort habe ich befreundete DJs eingeladen um ein Set zu spielen. Alles wurde live auf YouTube gestreamt und auf meinem Kanal ge-crosspostet.
Ich habe kürzlich eine Kategorie namens „Selection“ gestartet, in der ich mehrere Stunden persönlich kuratierte Musik aus bestimmten Genres hochlade. Ich möchte, dass diese als kleine, genrespezifische Ausschnitte betrachtet werden, die DJs und andere Musikliebhaber inspirieren. Die erste Folge ist eine Hommage an die Jungle-, Drum & Bass-Musik der 90er:
Selections of 030esar0303
Du betreibst auch dein eigenes Label CLIFF MUSIC. Wie läuft das Projekt? Kannst du uns ein bisschen mehr darüber erzählen?
Ich habe das Label CLIFF MUSIC gemeinsam mit einem Freund im Jahr 2019 gegründet. Für mich war es ein logischer nächster Schritt, ein Label zu gründen, da ich viele Künstler*innen über meinen Kanal kenne.
Bisher haben wir fünf verschiedene Künstler auf zwei Releases auf Vinyl und digital veröffentlicht. Unser Ziel ist es, Musik von Künstler*innen im House-Musik-Genre zu veröffentlichen.
Kannst du uns einen Rat für unsere Community geben, die einen YouTube-Kanal aufbauen möchten?
Es gibt viele Möglichkeiten, einen YouTube-Kanal zu starten. Einige Tipps, die ich geben würde, sind:
Versuche nicht nur deine Musik auf deinem Kanal zu veröffentlichen. Denke über verschiedene Content-Strategien nach, um ein breiteres Publikum rund um die Leute zu erreichen, die deine Musik/dein Label bereits kennen.
Es geht darum, eine möglichst hohe Watch-Time für deine Videos zu erhalten (natürlich spielen auch einige andere Faktoren eine Rolle, wie z. B. Engagement, Likes, Kommentare usw.). YouTube erkennt, ob Personen bleiben und Videos „ansehen“. Anschließend empfehlen sie diese Videos einem breiteren Publikum und potenziellen neuen Abonnenten. Dazu braucht es natürlich ein ansprechendes Video!
Probiere und teste verschiedene Content-Formate und schau dir an, wie dein Publikum darauf reagiert. Ideen: Sessions im Studio, Q&As mit verschiedenen Künstlern, Tech-Talks, Live-Streams, eigene Radio-Show usw.
Wenn dein Publikum sieht, dass du regelmäßig Inhalte postest, abonniert es deinen Kanal eher. Abgesehen davon mag der Algorithmus auch eine gewisse Regelmäßigkeit der Aktivitäten auf deinem Kanal!
Probiere verschiedene Veröffentlichungszeitfenster für deine Uploads aus. Ist es besser, dein neues Video am Montagabend zu posten als am Dienstagmorgen?
Wo siehst du die Zukunft von 030esar0303?
Ich mache weiter, was ich tue, weil es Spaß macht, mit der Musik zu arbeiten, die ich liebe. Das ist mein Hauptaugenmerk und das wird immer so bleiben, mit aber auch ohne den YouTube-Kanal.
Ich möchte weiterhin mit all diesen talentierten Künstler*innen und Labels zusammenarbeiten und sie dabei unterstützen, ihre Veröffentlichungen und Karrieren voranzutreiben.
Neben deinem YouTube-Kanal bist du DJ unter dem Namen Lucas Eb. Kannst du uns etwas mehr über dieses Projekt erzählen?
Die Musik, die ich auf meinem Kanal veröffentliche, ist zum Teil auch die Musik, die ich als DJ auflege. Schon früh ließ ich mich vom Berliner Nachtleben inspirieren und begann wenig später mit ein paar Schulfreunden eigene (nicht ganz legale) Open-Airs und Club-Events unter dem Namen Zosse zu organisieren, wo ich auch als DJ auflegte. Wir organisieren immer noch Partys und ich spiele auch noch hin und wieder.